3. August 2016

Pro und Contra: Neun Wochen Sommerferien

Die Frage, ob neun Wochen Sommerferien zu viel, genau richtig oder gar noch zu wenig sind, ist immer wieder Gegenstand bildungspolitischer Debatten in Österreich. In anderen Ländern gibt es alternative Versuche, Schüler_innen genug Freizeit im Sommer zu geben, aber auch im (oft ereignisreichen und lernintensiven) Herbst zu entlasten. Doch was sagen eigentlich zwei Schülerinnen zu der heiß diskutierten Frage?

Juhu, endlich sind Ferien! Aber wie lange sollen die denn eigentlich sein?
(Quelle: APA (dpa/Symbolbild)/Patrick Ple) Foto: Endlich Ferien!
Juhu, endlich sind Ferien! Aber wie lange sollen die denn eigentlich sein? (Quelle: APA (dpa/Symbolbild)/Patrick Ple)

Pro

Alle Jahre wieder stellt sich die Frage: Sind neun Wochen Ferien zu lang für Schüler_innen? Erschweren ihnen neun Wochen Ferien den Einstieg in ein neues Schuljahr?

Ferien sind das, was die Schule, so wie sie jetzt funktioniert, ein klein wenig entschädigt. Wer freut sich denn nicht auf den Sommer? Neun Wochen Ferien, neun Wochen kein Mathematik, Deutsch oder sonst ein Fach, das man nicht ausstehen kann. Fakt ist, dass alle Schüler_innen Ferien lieben, wenn nicht sogar verehren und Fakt ist ebenso, dass Schüler_innen diese lange Auszeit auch wirklich benötigen.

(Lern)Ferien?!

Nun hat aber nicht jeder Staat – so gibt es zum Beispiel in Deutschland nur sechs oder sieben Wochen Sommerferien –  dieses Privileg neun Wochen lang einfach mal „nichts zu tun“. Wobei „nichts“ bedeutet in diesem Kontext nur, sich nicht nur auf die Schule konzentrieren zu müssen und sich von Fächern berieseln zu lassen, die einen oder eine sowieso nicht interessieren. Schüler_innen stehen das ganze Schuljahr unter massiven Leistungsdruck, unter denen oftmals unsere eigenen Interessen leiden müssen. Das ganze Jahr über dreht es sich um Noten. Ziffern, die uns in ein System drängen, dem wir überhaupt nicht entsprechen können. Und wenn man es bis zum Schuljahresende nicht schafft, dann gibt es eben eine Wiederholungsprüfung. Absurderweise wird von uns verlangt, den gesamten Jahresstoff innerhalb von zwei Monaten zu lernen und dann noch topfit und erholt in das neue Schuljahr zu starten. Diese Vorstellung ist schlichtweg unmöglich. Nicht nur deswegen, weil man die Ferien meistens in Nachhilfeinstituten oder zu Hause verbringt, um zu lernen, während andere baden gehen oder ihre Freizeit nach ihren Wünschen gestalten, sondern auch auf Grund des hohen Drucks, der auf einem_einer lastet. Aufsteigen oder Sitzenbleiben? Diese zwei Optionen hängen von der Verfassung am Tag der Wiederholungsprüfung ab.

Alles eine Frage der Perspektive

Sind also neun Wochen zu lang? Nein. Denn gerade für Schüler_innen die sich genau solch einer Problematik wie einer Wiederholungsprüfung stellen müssen, sind neun Wochen wieder wenig. Ebenso geht es jenen Schüler_innen, die die Ferien dazu benutzen möchten, arbeiten zu gehen, sich selbst ihr Geld zu verdienen oder Erfahrungen zu sammeln. Ich beispielsweise arbeite seit dem ersten Ferientag für einen Monat im Krankenhaus, um mir meinen Sommer finanzieren zu können, ohne meine Eltern nach Geld bitten zu müssen.

Wichtige Erfahrungen auch außerhalb des Schultors sammeln

Doch nicht nur deswegen gehe ich jeden Sommer arbeiten. Man sammelt Erfahrungen, lernt die eigenen Stärken und Schwächen kennen und ist ein Stück weit unabhängig, was ein schöner Ausgleich zur Abhängigkeit während der Schulzeit ist. Wären die Ferien kürzer, dann würden diese ganz klar der Erholung dienen und das Sammeln der genannten Erfahrungen würde wohl in den Hintergrund wandern.

Das ist einfach so

Schule ist nicht alles, Schule lehrt uns auch nicht alles. Es ist unsere Freizeit, die wir aktiv nutzen können, um unseren Interessen nachzukommen und uns zu entwickeln. Es sind neun Wochen, weil wir eben neun Wochen brauchen. Weil es uns gut tut, einfach mal zwei Monate nicht nach einem vorgefertigtem System leben zu müssen.

 

Leonie Vierlinger ist 19 Jahre alt und besucht derzeit die HLW Marienberg in Bregenz.

Contra

Sommer, Sonne, Ferien. Endlich frei und keine nervigen Lehrpersonen, die wegen Hausaufgaben oder Prüfungen stressen. Die zwei Monate Ferien sind für manche Leid, für manche Freud. Doch was bedeutet es wirklich neun Wochen schulfrei zu haben?

Neun Wochen Sommerferien, was genau heißt das?

Neun Wochen Sommerferien, das sind zwei ganze Monate, 63 Tage. 63 freie Tage, wo man keine Lehrpersonen, Hausaufgaben oder Prüfungen um sich hat. 63 freie Tage, wo man sich die Zeit selbst einteilen kann. 63 Tage, wo man sich beschäftigen muss.

Zwei freie Sommermonate mögen wie ein Traum klingen. Man plant auf Urlaub zu fahren, eventuell mit den Eltern. Man möchte sich mit Freund_innen treffen, schwimmen gehen, Party machen und vieles mehr. Vielleicht hat man auch für vier Wochen einen Sommerjob. Klingt ja schön und gut, nur an der Umsetzung scheitert es oft. Alle Freund_innen sind genau dann weg, wenn man selbst zuhause ist, der Urlaub mit den Eltern ist kein wirklicher Urlaub und der geplante Roadtrip mit den Freund_innen fällt ins Wasser. Der Sommerjob ist nicht so wirklich das, was man sich erhofft hat und schnell fragt man sich, was man mit neun freien Wochen überhaupt anfangen soll.

Die Auswirkungen von 63 freien Sommertagen

Neun Wochen ohne Schule sind für die Schüler_innen eigentlich nichts Gutes. Eine Metastudie (Zusammenfassung mehrerer Studien) von Harris Cooper hat gezeigt, dass lange Lernpausen bereits Gelerntes vergessen lassen, wodurch das Lernniveau sinkt. Besonders in Mathematik hat sich das gezeigt. Auch wenn dieser Ferieneffekt nach zwei bis drei Tagen nicht mehr bemerkbar ist, sehr effizient sind neun Wochen schulfrei trotzdem nicht.

Auch für die Eltern ist es nicht sehr erfreulich, wenn ihre Kinder so lange frei haben. Die wenigsten können sich soviel frei nehmen und müssen gerade für Jüngere eine Unterhaltung und Tagesbetreuung suchen. Zwar gibt es verschiedene Camps und Aktivitäten wie der Ferienhort oder die Kinderuni, doch das ist auch nicht für alle etwas und vor allem nicht für alle auch leistbar.

Sind Juli und August schon frei, gibt es keine Herbstferien. Das heißt, September bis Dezember sind vier Monate durchgängig Schule. Das ist eine sehr lange Zeit, in der der viele Schüler_innen leiden, da in diesen vier Monaten die meisten Prüfungen und Schularbeiten stattfinden. Ohne Lernpausen bedeutet das großen Druck und viel Stress.

Andere Länder, andere Sitten

Man mag es kaum glauben, aber Österreich ist mit neun Wochen Sommerferien kein Extrem. Island hat zum Beispiel 13 Wochen frei im Sommer. Doch es geht auch kürzer. Die Schweiz hat fünf Wochen im Sommer frei und dafür zwei Wochen im Herbst. Das Positive daran ist, dass man im Herbst auf Urlaub fahren kann, somit gerät man nicht in die Hauptsaison und der Urlaub wird oft entspannter als in den Sommermonaten. Auch Deutschland und das Bildungssuperland Finnland haben „nur“ sechs Wochen Ferien und dafür Herbstferien.

Vielleicht sollte Österreich sich mal an solchen Ländern orientieren.

 

Antonia Niedermann ist 18 Jahre alt und hat dieses Jahr am Akademischen Gymnasium in Wien maturiert. 

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