Wir haben wenig Möglichkeiten, aber wir nutzen sie!
#Archivsonntag: Ausgabe 10 / 2003
Jede Berufsgruppe in Österreich hat eine Interessensvertretung. Auch die österreichweit 1,2 Millionen Schüler_innen werden auf Landes- und Bundesebene durch die Landes- bzw. Bundesschüler_innenvertretung repräsentiert.
Die Landesschüler_innenvertretung (LSV) besteht pro Bundesland aus drei Bereichen: AHS, BMHS und Berufsschulen. Am Ende des Schuljahres versammeln sich alle Schulsprecher_innen eines Landes und jeder der drei Bereiche wählt eine_n Landesschulsprecher_in aus ihrer Mitte und je nach Größe des Bundeslandes zwischen drei und sieben zusätzliche LSV-Mitglieder. Wahlberechtigt ist der_die Schulsprecher_in einer Schule, bei Abwesenheit eine_e Stellvertreter_in, kandidieren kann jedes SGA-Mitglied. Die drei Landesschulsprecher_innen sind automatisch Mitglieder der Bundesschüler_innenvertretung und wählen im September aus ihrer Mitte eine_n Bundesschulsprecher_in.
Noch nie gehört?
Im Unterschied zu anderen Interessensvertretungen ist die überschulische Schüler_innenvertretung jedoch teilweise völlig unbekannt unter Schüler_innen und darüber hinaus relativ zahnlos. Ein wirkliches Mitspracherecht bei bildungspolitischen Gesetzen oder Verordnungen hat sie nicht, sie kann lediglich bei Gesetzesvorschlägen beratend agieren. Im Endeffekt hat die Stimme der Schüler_innenvertretung in den politischen Institutionen wie den Landeschulräten oder dem Unterrichtsministerium kein Gewicht und wird meistens nicht einmal wahrgenommen.
Fragwürdige Demokratie
Auch die Art und Weise wie die LSV bzw. BSV gewählt wird ist durchaus fragwürdig. Einerseits wird die LSV nur von Schulsprecher_innen gewählt, vertritt aber trotzdem die Interessen von allen Schüler_innen eines Bundeslandes (was natürlich auch ein Grund für den niedrigen Bekanntheitsgrad ist). Andererseits wählen immer diejenigen Schulsprecher_innen, die gerade am Ende ihrer Amtsperiode stehen, da die Wahlen zu Schulschluss stattfinden. Während des Schuljahres hat die LSV auch keinerlei Rechtfertigungspflicht gegenüber Schüler_innen oder SVler_innen. Die LSV ist die einzige Interessensvertretung Österreichs, die nicht abgewählt werden kann. Von wirklich demokratischen Strukturen kann mensch also nicht sprechen.
Damit wir gehört werden!
Trotz diesen bei weitem nicht ausreichenden Rahmenbedingungen kann eine aktive LSV bzw. BSV zur Stärkung von Schüler_innenrechten beitragen und die Vernetzung zwischen den Schulsprecher_innen forcieren. Eine kämpferische LSV hat die Möglichkeit, sich selbst weiter zu demokratisieren – zum Beispiel durch ein von AKS-Vertreter_innen in mehreren Bundesländern bereits durchgeführtes Schüler_innenparlament, wo alle Schulsprecher_innen in die LSV-Arbeit eingebunden werden und der LSV verpflichtende Arbeitsaufträge erteilen. Für eine starke Interessenvertretung ist es also besonders wichtig, auf der einen Seite alle bestehenden Möglichkeiten auszuschöpfen, auf der anderen Seite allerdings konsequent Verbesserungen zu fordern. Denn nur wer laut genug ist, kann nicht überhört werden!