Zuhause, am Weg in die Schule, im Fahrstuhl, beim Fortgehen. Ganz egal wo, Musik begegnet uns täglich. Oft ganz bewusst, aber wahrscheinlich noch viel öfter unbewusst hören wir von Techno über Rap bis zu Klassik Melodien und Texte in unserem Alltag. Nur leider ist auch die Musik, genauso wie unsere Gesellschaft im Allgemeinen, nicht frei von Sexismus, Rassismus, Homophobie oder anderer Diskriminierungsformen.
Es ist halb drei in der Nacht, du stehst angetrunken in einem Club und summst den Text zu irgendeinem Lied, das gerade über die Bassboxen läuft. Jetzt kommt der Refrain, alle singen mit. Was genau der Text ist, weiß wahrscheinlich keine_r so genau. Verinnerlicht wird der Text aber trotzdem. Erst bei genauem Hinhören wird klar, was viele Künstler_innen mit ihren Texten eigentlich genau ausdrücken wollen. Sexistische, rassistische oder homophobe Vokabeln gehören ja fast schon zur Grundausstattung für die meisten Chartsongs, Rap Battles oder Underground Musik.
Doch das ist doch künstlerische Freiheit, oder? Wenn ihr mich fragt, nicht wirklich. Denn die vielen Künstler_innen vergessen mit solchen Aussagen, in welcher Verantwortungsposition sie stehen. Sie positionieren sich dadurch nicht nur öffentlich diskriminierend, sondern machen Sexismus, Rassismus und Homophobie salonfähig. Für Jugendliche, die ihr ganzes Leben lang mit Kopfhörern im Ohr aufwachsen und sich täglich diskriminierende Aussagen in ihr Gehirn brennen, wirken Zitate von Taylor Swift, Xavier Naidoo oder Farid Bang irgendwann wie Alltag, wie normaler Umgang mit Mitmenschen. Das führt nicht nur zu unreflektierten Jugendlichen, sondern kann zu Radikalisierung, Hasstaten und einem allgemeinen Rechtsruck führen.
Klingt übertrieben, ist es aber nicht. Viele Rechtsradikale und Neonazis geben an, durch Rechtsrock radikalisiert worden zu sein. Rechtsrock definiert sich hauptsächlich dadurch, Antisemitismus zu verherrlichen und die Shoa, die systematische Ermordung von Jüd_innen und politisch Andersdenkenden im Nationalsozialismus, zu verharmlosen.
Doch nicht nur Rechtsrock und ganz offensichtlich diskriminierende Künster_innen im Deutschrap sind hier das Problem. Vielmehr sind es Musiker_innen wie Taylor Swift, Katy Perry oder Xavier Naidoo, die öffentlich gut dastehen und auf den ersten Blick wirken wie brave Lämmer. Hört man sich aber etwas genauer in deren Texte ein, erkennt man ziemlich schnell, wie tief verankert diskriminierende, patriarchale und sexistische Strukturen in den Köpfen von uns allen vergraben sind. Und genau hier beginnt die Schwierigkeit mit problematischer Musik. Werden diskriminierende Zeilen, verborgen in einem sonst ganz unproblematischen Lied im Radio, Club oder bei Festivals auf und ab gespielt, singen wir sie alle mit, feiern dazu und kaufen die Alben der Künstler_innen. Genau das ist auch das Ziel von den Musiker_innen und der damit verbundenen Musikindustrie. Alles, was kontrovers ist und den Leuten gefällt, lässt sich besser verkaufen. Jedes Festivalticket, jedes gekaufte Album und jeder Klick auf Spotify spielt der Musikindustrie noch mehr Geld zu.
Aber was können wir dagegen tun? Ich möchte nicht sagen, dass wir nun alle aufhören müssen, Musik zu hören, weil alles eh nur das kapitalistische System der Musikindustrie fördert. Aber bevor ihr das nächste Mal das neue Lied von Farid Bang und Co. im Club laut mitfeiert, hört einmal genauer hin und überlegt, ob ihr solche Texte wirklich unterstützen wollt. Stellt euch nicht hinter eine Riesenindustrie, die nur Profitmaximierung in den Vordergrund stellt. Support your local artists und macht doch auch mal selber Musik. Denn nur wenn wir alle und damit eine breite Masse in der Gesellschaft aufzeigen, dass Diskriminierung keinen Raum in unseren Clubs, Wohnungen und Schulen hat, können wir die Musikindustrie in die Verantwortung ziehen, ihre kapitalistischen und diskriminierende Strukturen zu ändern.