4. Mai 2016
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Was tust du?

„Zivilcourage wird großgeschrieben, doch klein betrieben.“ Wie man es schreibt, das wissen jetzt alle, doch was es tatsächlich bedeutet und wie man selber Zivilcourage leistet nur wenige. Also How-To Zivilcourage?

Wegsehen, Weghören, weiter scrollen

Du sitzt im Bus. 2 Plätze weiter sitzt eine Frau mit Kopftuch. Ihr gegenüber zwei alte Damen. „Diese Ausländer wissen einfach nicht wie man sich zu integrieren hat. Bei Ihnen zu hause können Sie so etwas vielleicht tragen, aber hier bei uns nicht“ Alle haben diesen Satz der alten Dame gehört und schauen weg. Was tust du?
Du sitzt in der Klasse. 2 Reihen vor dir deine Mitschülerin, die gerade von ihrer Lehrerin eine schlechte Note bekommen hat. Du weißt, dass sie diese Note nur bekommen hat, weil deine Lehrerin sie nicht mag. Alle hören weg. Was tust du?
Du sitz vor deinem Laptop und schaust dir deine Timeline auf Facebook an. Plötzlich siehst du ein Foto. Es wurde geteilt von einem deiner Facebook-Freunde und trägt die Bildüberschrift „Danke für die super Aktion! Zeigen wir ihnen wie die vergessene Jugend ohne Migrationshintergrund sich währen kann.“ Du betrachtest das Foto darunter. Es zeigt wie Identitäre den Audimax der Uni Wien stürmen, mit Kunstblut um sich spritzen um die Vorstellung die „Schutzbefohlene“ zu unterbrechen. Ein Stück von Flüchtenden, die von ihren Erlebnissen berichten. Alle betrachten das Bild und scrollen weiter. Was tust du?

Zivilcourage – How to?

Zivilcourage. 12 Buchstaben, 5 Silben, eine Bedeutung. Zivilcourage bedeutet mutig zu sein und sich für andere einzusetzen auch wenn man daraus vielleicht selber Nachteile zieht. Doch warum soll man sich für andere einsetzen, wenn man selber dabei gefährdet werden kann? Für andere einzustehen heißt nicht nur, dass man großes bewirken muss und dabei alles riskiert. Wegsehen, weghören ist leicht. Leicht, weil wir die Wahl haben nicht zuzuhören und nicht zuzuschauen. Eine Wahl die Betroffene nicht haben. Kleinigkeiten können großes bewirken. Ein einfaches Lächeln, ein zustimmendes zunicken oder Sätze wie „Keine Sorge, wir denken nicht alle wie die hier.“, zeigt Betroffenen, dass sie nicht alleine sind. Rassistische, sexistische, homophobe und faschistische Kommentare oder Bilder dürfen nicht unkommentiert bleiben. Personen die jene Aussagen tätigen, dürfen nicht das Gefühl, haben dass rassistisch, sexistisch, homophob oder faschistisch sein vollkommen legitim ist. Es liegt an jeder und jedem einzelnen ihnen dies zu zeigen. Auch wenn es einmal bedeutet aufzustehen, laut und mutig zu sein.

„Wir sind die Veränderung, die wir in der Welt wollen.“

Niemand mag Situationen, in denen andere gedemütigt und niedergemacht werden. Warum greifen also nur so wenige ein, wenn es darum geht diese Situationen zu beenden, wenn betroffene nicht mehr in der Lage dazu sind? „Geht mich ja nix an.“ „Ist ja nicht mein Problem.“ „Mir würde auch niemand helfen.“ Das Denken wahrscheinlich viele. Doch wenn alle glauben, dass es sie nichts angeht, es nicht ihr Problem ist und ihnen auch niemand helfen würde befindet sich die Menschheit in einem Teufelskreis. Gefangen zwischen „ich muss einschreiten“ und mir würde auch niemand helfen.“ Nur wenn das eigene Denken sich verändert, wird die Anstrengung aufzustehen und laut zu sein leichter.

Du sitz nun wieder im Bus, in der Klasse oder vor deinem Laptop. Es ignorieren immer noch alle die Aussage der alten Frau, hören weg bei der Notenvergabe der Lehrerin und scrollen weiter auf Facebook. Was tust du jetzt?

Wie Zivilcourage nicht funktioniert Foto: Wikimedia
Wie Zivilcourage nicht funktioniert