20. April 2016
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Bunte Buchstaben, schöne Fotos

Die Plakate der Bundespräsident_innenwahl unter der Lupe

Khol, Hofer, Lugner, Hundstorfer, Van der Bellen oder doch Griss? Wer von ihnen wird in wenigen Wochen „Bundespräsident_in der Republik Österreich“ in den Lebenslauf schreiben können? Langsam wird es Zeit, sich zu überlegen, wo man das Kreuz am 24.4 in der Wahlkabine macht. Eine Analyse zum Wahkampf.

Kurz vor den Wahlen sind die Kandidat_innen zu den Bundespräsident_innenschaftswahlen überall zu sehen. Sei es im Frühstücksfernsehen, Elefant_innenrunde oder auf Wahlplakaten direkt vor der Haustür. Vor allem durch Wahlplakate wird man mit den Kandidat_innen und ihren Wahlinhalten täglich konfrontiert. Doch wird man als Wähler_in beim Betrachten von Wahlplakaten tatsächlich mit Inhalten konfrontiert oder doch geblendet von bunten Buchstaben und schönen Fotos?

Plakat: How to?

Die Aufgabe eines Wahlplakates ist wie bei jedem anderen Plakat für Personen oder Parteien Werbung zu machen. Hierfür muss zunächst die Aufmerksamkeit der Wähler_innen erreicht werden. Der Mensch ist besonders aufnahmefähig, wenn er mit Emotionen konfrontiert wird. Genau diese Tatsache machen sich Parteien zu nutzen. Kein Wunder werden Wahlplakaten in vielen Fällen vor allem eben passiv wahrgenommen. Wollen Parteien, dass man bei der Busstation vielleicht doch einmal genauer hinsieht, ziehen sie alle Register.

Doch ein Wahlplakat hat nicht nur die Funktion Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sondern auch Wahlinhalte zu präsentieren. Dafür stehen den Parteien Motive und Schrift zur Verfügung. Breites Lächeln, stolzer Blick, Kinn leicht angehoben. Der Klassiker unter den Posen für ein Wahlplakat. Das diese Posen aber nicht zufällig gewählt, sondern tatsächlich perfektioniert werden müssen, ist schwer vorstellbar. 55% der rhetorischen Wirkungsfaktoren machen nonverbale Signale wie Gestik und Mimik aus, 38% die Sprache und 7% der Inhalt. Das, was also auf Wähler_innen wirkt, ist oft nicht der Inhalt, den Politiker_innen wiedergeben, sondern ihre Körpersprache. Vor allem das Gesicht sagt unterbewusst viel aus. Ein direkter und offener Blick symbolisiert Selbstbewusstsein und Stärke. Ein zu eindringlicher, fast schon starrer Blick kann vielen Menschen schnell unangenehm werden und sorgt dafür, dass Wähler_innen ein Plakat nicht länger betrachten. Wichtig im Bereich der Augen sind die charakteristischen Lachfalten bei einem Lächeln. Fehlen diese, wird das Lachen als falsch und unecht empfunden Die Neigung des Kopfes von Politiker_innen kann unterschiedlich interpretiert werden. Um gut kommunizieren zu können, ist es wichtig, dass der Hals frei beweglich ist und somit ungeschützt.  Lebensnotwendige Verbindungen zum Gehirn z.B. die Halsschlagader, werden also der Gefahr von Angreifer_innen ausgesetzt.  Ist der Mensch ängstlich, zieht er seine Schultern nach oben und senkt den Kopf. Somit kann er_sie den Hals vor äußeren Einflüssen schützen. Hebt man Kopf und Kinn hingegen nach oben, gibt man seinen Kehlkopf frei. Dieses Verhalten kann auch als Hochmütigkeit und Stolz interpretiert werden. Wird der Kopf zur Seite gelegt, wirkt die Person sofort vertrauenserweckend, manchmal aber auch unterwürfig. Oft sieht man Politiker_innen, die den Kopf und das Kinn leicht anheben und den Kopf gleichzeitig zur Seite neigen. Sie vermitteln sowohl Selbstbewusstsein und Stärke als auch Vertrauenswürdigkeit.

Worte und ihr Einfluss

Auch die Wirkung von Worten auf den Menschen kann ähnlich interpretiert werden. „Die Macht der Worte ist so groß, dass gut gewählte Bezeichnungen oft genügen, um vielen Menschen Dinge annehmbarer zu machen, die sie sonst ablehnen würden“, so Gustav Le Bon. Die Wortwahl hat einen erheblichen Einfluss auf die Wähler_innenschaft. Auf Wahlplakaten müssen wichtige Inhalte in kurze Slogans verpackt werden.  Diese Slogans müssen die Wähler_innen überzeugen und brauchen daher konkrete Aussagen und kurze, knappe, treffende Formulierungen.  Auch müssen sie die Aufmerksamkeit von Passant_innen erregen. Dafür werden sprachliche Mittel, wie Reime und Wiederholungen ebenso verwendet, wie Witz, Humor, Übertreibungen und provokante Formulierungen. Für Übertreibungen und Witze brauchen Slogans treffende Adjektive. In Slogans findet man auch Emotionalisierungen. Es werden Leitwörter und emotionale Kernbegriffe verwendet, wie Freiheit, Hoffnung, Heimat oder Zukunft.

Take a closer look!

Beim Betrachten von Wahlplakaten wird man als Wähler_in geblendet von bunten Buchstaben und schönen Fotos. Politiker_innen wissen genau wie sie sich auf Plakaten zu präsentieren haben, um ein ideales Selbstbild zu gestalten und somit Wähler_innen optimal anzusprechen. Wie sie von anderen wahrgenommen werden, können sie bewusst steuern, indem sie ihre Sprache und Körperposen so gestalten, um etwa Stärke und Vertrauen zu erwecken. Sie spielen mit dem Unterbewusstsein der Wähler_innen, welches Körpersprache und Sprache analysiert und für uns dann in Informationen umwandelt. Doch nur solange nur unser Unterbewusstsein weiß, wie man Körpersprache zu lesen hat und welchen Einfluss Körperpose und Wortwahl auf eine_n haben können. Weiß unser Bewusstsein auch wie man Körpersprache liest, kann sie nicht mehr benutzt werden, um uns zu beeinflussen. Um also zu wissen, wo man das Kreuz am 24.4 macht, sollte man seine Entscheidung nicht nur aufgrund eines Wahlplakates treffen, denn sie beeinflussen eine_n mehr als man das vielleicht beim ersten Blick glauben möchte. Deshalb: Einfach ganz altmodisch im Internet, Zeitungen und bei Wahlveranstaltungen ein Bild von den Kandidat_innen machen und nicht ein perfekt inszeniertes für Wahr nehmen.

Einige Plakate zu Bundespräsident_innenwahlen Foto: linza.at
Einige Plakate zu Bundespräsident_innenwahlen