Wir müssen auf gleicher Stufe stehen um zu verstehen!
Themenwoche Bildungswünsche
Ein gutes Verhältnis zwischen Lehrer_innen und Schülern_innen ist eine wichtige Basis für einen stressfreien Unterricht und einen respektvollen Umgang miteinander. Nun stellt sich die Frage, ob und wann wir endlich auf gleicher Ebene kommunizieren können und auch einander verstehen.
Ein guter Start in die Woche?
Wie fühlst du dich als Schüler_in, wenn du jeden Tag das Schulgebäude betrittst und der_die Lehrer_in den Alltagstrott wieder einmal mit diesem Satz beginnt: “ Guten Morgen! Bitte setzt euch und schlagt S.100 im Buch auf!“
Man fühlt sich gefangen in einem Raum, obwohl man frei ist. Die Schulwoche beginnt immer, ob man will oder nicht, ob es regnet oder schneit. Die Gedanken driften gleich am Anfang ab und das Warten auf den erlösenden „Dong“, ist der Strohhalm an den wir uns klammern können.
Genau das ist eine Situation, welche Schüler_innen in Österreich täglich erleben. Sie und die Lehrer_innen leben aneinander vorbei und hoffen, dass die Tage so schneller vergehen.
Laut einer Längsschnittsstudie aus Australien führt eine geringe Verbundenheit zur Schule, zu depressiven Symptomen die sich über die Jahre hinweg steigern.
So kann die Schulwoche beginnen!
Auf der anderen Seite gibt es auch jene Lehrer_innen, die mit einem strahlenden Lächeln und einer freundlichen Begrüßung den Klassenraum betreten. Innerhalb weniger Minuten fühlt man sich selbst viel motivierter und man arbeitet gemeinsam im Unterricht mit. Ein gutes Schulklima steigert laut der Studie das Selbstwertgefühl und kann hierbei auch den Stresslevel senken. Das wichtigste Resultat, das wir aus einer Schulstunde mit motivierten Leuten ziehen ist, dass auch gleich viel mehr im Gedächtnis hängen bleibt. Wenn man den Stoff in der nächsten Stunde anspricht, schießen anstatt zwei Händen 10 wissende Arme in die Höhe.
„Ich bin hier der Chef!“
Diesen Satz, hat ein Lehrer in der Unterstufe von sich gegeben, als ein paar Schüler zu spät von der letzten Stunde in den Saal kamen. Er stand vorne an der Tafel und schrie:“ Niemand von euch setzt sich!“ Alle erstarrten buchstäblich in der Bewegung und warteten zitternd darauf was kommt. „Ihr kommt nächstes Mal pünktlich zum Unterricht und wartet vor der Türe bis ich aufsperre. Merkt euch eines: Ich bin der Lehrer und damit der Chef. Vergesst das nie: Der Lehrer ist immer der Chef.“ Der Lehrer ist immer der Chef … Dieser Satz hat sich seit diesem Tag in unser Gehirn eingraviert.
Unverstanden und unzufrieden
Uns Schüler_innen wird ab der ersten Klasse Volksschule beigebracht, dass wir bis zum Ende der Unterrichtsstunde ruhig auf unseren Plätzen sitzen und aufmerksam zuhören sollen. Irgendwann kommt es bei jedem_jeder Schüler_in und zu einer Frage, weil etwas nicht verstanden wird. Oft ist man einfach nur zu verängstigt diese zu stellen, da man weiß, dass man am Ende genau eine Antwort bekommt: “Das habe ich schon zwei Mal erklärt. Hör das nächste Mal zu!“.
In unserer Klasse gibt es zum Beispiel eine Lehrperson, die sich vom ersten Tag an nie bemüht hat, mit uns klarzukommen. Sie kommt jede Stunde mindestens 10 Minuten zu spät in die Klasse und dann geht noch einmal gewaltig Zeit drauf, die sie benötigt um die fehlenden Schülerinnen einzutragen. Als die Schulstunde endlich losgeht, läuft jede Unterrichtseinheit gleich ab: Sie teilt uns Zettel aus, die wir gemeinsam laut lesen und danach gibt es eine DIN- A4 Seite mit Fragen zu beantworten. Wenn uns beim Ausarbeiten etwas unklar ist, heben wir unsere Hände in die Höhe und warten geduldig bis die Lehrperson Zeit für uns hat. Sie kommt dann zu unseren Plätzen und sagt nur:“ Fragt mich nicht immer alles! Wenn ihr zugehört hättet würdet ihr das wissen!“ „Bei was denn zugehört?“, ist dann unser stiller Gedanke. Bei dem Text, den wir vor uns liegen haben und den uns niemand erklärt?
Was darf ich?
„Frau Professorin, darf ich bitte auf die Toilette?“/“ Posso andare in bagno?”/ “May I be excused?”. Egal in welchem Gegenstand oder in welcher Sprache, diese Frage taucht immer auf. Und die Antwort von vielen Lehrer_innen ist: „Es läutet in 15 Minuten. Solange wirst du noch warten können oder?“ Oder „Es war doch erst Pause“ und meine Lieblingsantwort: „Sie dürfen während der Stunde nur das WC aufsuchen, wenn Sie ein ärztliches Attest vorweisen können!“
Hallo? In welcher Welt leben wir? Die Toilette aufzusuchen sollte keine Frage der Schüler_innen, sein sondern ein ganz einfaches Recht von uns.
Kein Frontalunterricht? Ist das überhaupt möglich?
In Schweden gibt es eine Alternative. Das Motto lautet: „Kleine Schule“ in der „großen Schule“. Die Pädagogen_innen sind der festen Überzeugung, dass das „Klassenzimmer“, ein „dritter Erzieher ist“ und somit gibt es einen großen Lehrraum, welcher durch Glaswände in mehrere kleine aufgeteilt ist. Die Vorteile sind Helligkeit und Verbundenheit. Dabei kann für jede_n Schüler_in ein individueller Lernplan erstellt werden. Damit werden die Begabungen gefördert. Des Weiteren gibt es ein „Gleitzeitmodell“. Das heißt, dass alle Schüler_innen jeden Tag für eine bestimmte Stundenanzahl in der Schule sein müssen, aber man kann sich diese Zeit selbst einteilen.
Wenn man näher auf das Unterrichtsklima, dieses Systems eingeht, zieht man auch hierbei eine positive Bilanz. Ein klarer Vorteil ist, dass jede Lehrkraft eine Gruppe von Schülern_innern über deren gesamte Schulzeit hinweg begleitet. Die älteren Schulkinder nehmen auch Rücksicht auf die Jüngeren. Das heißt, dass die älteren Schüler_innen soziale Kompetenz und das Übernehmen von Verantwortung lernen, während die Jüngeren ganz klar von deren Lernhilfe profitieren. Da jede_r Schüler_in individuell betreut wird, ist Verantwortung ein zentrales Thema. Das heißt, dass auch Sitzenbleiben so gut wie gar nicht möglich ist.
Hans Ahlenius, Mitbegründer der Schule, meinte jedoch, dass dieses Konzept von „Futurum“ nicht eins zu eins in ein Land wie Österreich übertragen werden kann, da in jedem Land eine andere Gesellschaft herrscht.
Nicht jede Lehrperson ist so!
Auch Lehrpersonen sind Menschen, ob wir das als Schüler_innen so sehen wollen oder nicht. Verschiedene Situationen haben ihr Leben geprägt. Ein gutes Beispiel hierbei sind zwei Lehrer_innen, die den gleichen Gegenstand unterrichten. Einer hat Jus studiert und danach in einer Bank gearbeitet und sich um Verträge gekümmert. Da man im Studium oft „stur“ auswendig lernen muss, spiegelt sich das auch im Unterricht wieder. Zu jedem Test bekommt man seitenweise zu lernen und die Fragen sind genauso gestellt, dass man das auswendig Gelernte hinschreiben kann.
Die andere hat BWL studiert und mehr als ein Jahrzehnt lang in einem großen Konzern gearbeitet. Im Ausland hat sie beispielsweise geholfen Entwicklungszentren aufzubauen.
Bei den Tests, zählen keine auswendig gelernten Definitionen, sondern ob man das Gelernte an Beispielen aus dem Leben anwenden kann. Auch wenn beide von Anfang an nicht vorgehabt hatten, Lehrer_in zu werden, machen sie diesen Beruf nun nach ihren Vorstellungen.
Lasst uns den Teufelskreis brechen!
Aber wie soll man Dinge ändern wenn man sie gar nicht anders kennt?
Wir als zukünftige Lehrpersonen können entscheiden was wir verändern wollen. Deshalb setze ich den Appell an alle da draußen: Vergesst nie, dass jeder_e von uns einmal die Schulbank gedrückt hat oder es immer noch tut.
Deshalb hoffe ich, dass es für alle Schüler_innen eines Tages möglich ist einfach aufzustehen, eine Frage zu stellen und verstanden zu werden. Damit man sagen kann:“ Ja ich gehe gerne in die Schule, weil es Lehrer_innen gibt, die auf MICH eingehen und mir helfen.“