Irans Frauen*
Heldinnen* im Kampf für Gleichberechtigung
Frauen* haben im Iran mit großer Ungerechtigkeit zu kämpfen. Die Diskriminierung der Iranerinnen* ist vielfältig und reicht von dem Verwehren verschiedener Berufe wie beispielsweise den der Richterin*, über die Unzulässigkeit von Zeuginnen*aussagen bis hin zu straffreien „Ehrenmorden“.
Durch die fundamentalistische Diktatur im Iran sind Gewalt, Terror und Ungerechtigkeit an der Tagesordnung. Diese Mittel zur Machterhaltung der Regierung treffen besonders die Frauen* im Iran wegen der dort herrschenden patriarchalen Machtstrukturen.
Es existiert besonders für verheiratete Frauen* im Iran keine sexuelle Selbstbestimmung, die Ehemänner haben die volle Verfügbarkeit über die sexuelle Freiheit ihrer Frauen* und dürfen diese auch mit Gewalt durchsetzen. Vergewaltigungen in der Ehe sind nach dieser Regelung vollkommen legitim und existieren offiziell nicht. Auch Gewalt in der Ehe ist kein Scheidungsgrund für die Frau*, jedoch hat der Mann* das Recht, sich jederzeit von seiner Frau* zu trennen, oder sie wegen Verletzung der Familienehre umzubringen – und das alles in den meisten Fällen straffrei.
Es gibt unzählige Geschichten von Frauen*, die menschenverachtenden Gesetzen zum Opfer gefallen sind. Unter anderem die Geschichte der jungen Iranerin* Reyhaneh Jabbari, die mit 19 Jahren einer Vergewaltigung aus dem Weg gehen konnte, indem sie ihren Angreifer mit einem Messer tödlich verletzte. Daraufhin wurde sie zwei Monate in Isolationshaft gesperrt und durfte weder Kontakt zu ihrer Familie, noch zu einem Rechtsbeistand haben. Sie wurde zum Tode verurteilt und das trotz zahlreicher Proteste und einer Online-Petition mit über hunderttausend Unterzeichner_innen.
Die tragische Geschichte dieser jungen Frau*, die ihr Menschenrecht und ihre Sicherheit verteidigte, ist leider kein Einzelfall. Die Rechtslage für Frauen* ist katastrophal und die Hinrichtungen geradezu willkürlich. Folter und Vergewaltigungen sind besonders in den Gefängnissen keine Seltenheit, auch wenn natürlich wenig darüber geredet wird, was wirklich hinter verschlossenen Türen vor sich geht.
Meine heimliche Freiheit
Die iranische Journalistin* Masih Alinejad gründete eine Facebook-Seite, nachdem sie Nachrichten bekam, mit dem Inhalt, sie dürfe keine Fotos von sich ohne Kopftuch veröffentlichen. Sie solle „nicht die Frauen*, die in Iran ohne diese Freiheit leben“ ärgern.
Ihre Antwort darauf war: „Wenn du eine Frau* bist und nicht an
die Zwangsverschleierung glaubst, schaffst du dir heimlich deine Freiheit, egal wo du bist, damit der Zwang dich nicht zugrunde richtet.“ Sie stellte ein Bild ohne Kopftuch ins Internet und bekommt seitdem täglich Bilder von Frauen* im Iran, die kein Kopftuch tragen zugeschickt, die sie im Internet veröffentlicht. Denn im Iran herrscht Kopftuch-Pflicht, zudem ist es eines der einzigen Länder, in dem dieser Kopftuchzwang auch für Ausländerinnen* gilt.
Im Iran gibt es eine lange Geschichte staatlicher Kleidungsvorschriften für Frauen*, aber diese Diskussionen sind mehr als nur Vorschriften, sie sind Gegenstand politischer und religiöser Auseinandersetzungen und das seit Jahrzehnten. Anfang des 20. Jahrhunderts erklärte der Machthabende Resa Schah die Verschleierung der Frau als rückständig, damals trugen Frauen* im Iran noch den Tschador und einen Gesichtsschleier. Er untersagte das Verschleiern der Frau* in der Öffentlichkeit. Einige Jahre später, Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde der Tschador zum Zeichen des Protests gegen das Pahlawi-Regime und die Verwestlichung. Verschleierung wurde somit zu einer politischen Aussage und stand für einen individuellen islamischen Fortschritt. Der Tschador wurde dann aber auf die etwas alltagstauglichere Variante, nämlich Mantel und Hedschab, reduziert. Dieser Zwang gilt heute noch und wird bei Missachtung mit 74 Peitschenhieben bestraft. Viele Mädchen, die schon mit 9 Jahren diesem Gesetz Folge leisten müssten, flüchten sich deshalb in die Jungen-Rolle. Nicht nur um ein freies Leben zu haben, und die männlichen Privilegien zu genießen, sondern auch weil sie sich nicht dem propagierten Rollenmodell fügen wollen. Sie lehnen die Rolle der Frau* als Hausfrau* und Mutter ebenso ab, wie eine Unterordnung unter dem Mann*.
Es sind Frauen wie Shirin Ebadi, die uns zeigen, welches unterdrückte und ungenutzte Potenzial in den iranischen Frauen* steckt. Gerade sie sind nach den gefälschten Wahlen vor einem Jahr aufgestanden und haben für ihre Rechte protestiert. Die Frauen* im Iran sind es, die verhaftet und gefoltert werden. Aber sie leben dennoch mit dem Willen, das Land zu retten.
Frauen*rechte gestern – heute – morgen
Die Rechte der Frauen* werden im Iran nicht gerade großgeschrieben. Doch in den letzten Monaten gab es einige Gesetzesentwürfe, die einerseits ein winziger Schritt in Richtung Gleichberechtigung sind, andererseits das Land in diesem Thema um Jahrzehnte zurückwirft.
Eine dieser Änderungen ist die Zulassung von Frauen* in Stadien. Sie sollen zukünftig in separaten Bereichen die Möglichkeit haben, sportliche Events mitzuverfolgen, außer bei sogenannten „männlichen“ Sportarten. Damit sei ein großer Schritt getan, da es lange undenkbar war, Frauen* bei Sportveranstaltungen, bei denen auch Männer* anwesend sind, zuzulassen. Allerdings ist diese Änderung noch kein Beschluss, sondern wird aktuell noch seitens der iranischen Politik diskutiert.
Neben dieser positiven Entwicklung entstanden jedoch im März 2015 zwei weitere Gesetzesentwürfe, die die Rechte der Frauen* im Iran beschneiden werden, sollten sie beschlossen werden. Sie haben in den Medien hohe Wellen geschlagen, es wurde berichtet, dass diese Gesetze Frauen nur zu Gebärmaschinen machen und ihnen jegliche Selbstbestimmung nehmen.
Einer dieser beiden Entwürfe soll die freiwillige Sterilisation verbieten. Der Grund ist angeblich der Rückgang der Geburtenrate, dieser soll gestoppt werden. Die Gefahr ist jedoch, dass viele Frauen* auf schmerzhafte und unprofessionelle Abtreibungen zurückkommen werden, was sehr gefährlich werden kann. Der zweite Gesetzesentwurf gibt Arbeitgeber_innen das Recht, Frauen*, die kinderlos oder unverheiratet sind, bei der Jobsuche zu diskriminieren. Männer* mit Kindern sollen dagegen bei der Wahl der Angestellten bevorzugt werden.
Man sieht, es geht einen Schritt vorwärts und zwei zurück. Es bleibt zu hoffen, dass sich trotz allem die Lage der Frauen* im Iran in Zukunft verbessern wird.
Das Foto in diesem Artikel ist eines der Fotos auf der Facebook-Seite „My Stealthy Freedom“ (fb.com/StealthyFreedom)