„Whatever we wear, wherever we go: yes means yes and no means no!“
Seit Beginn des Schuljahres sind Kleiderordnungen in vereinzelten Bundesländern wieder ein großes Thema. Schulen erklären das Etablieren dieser mit verschiedenen, nicht stichhaltigen Argumenten. Aber können Kleiderordnungen wirklich Übergriffen entgegenwirken oder dienen sie viel mehr der Kontrolle und der Sexualisierung von Schüler_innen?
Vor allem in Salzburg, Kärnten/Koroška und Niederösterreich sind Kleiderordnungen wieder auf einem aufsteigenden Ast. Von den Kleiderordnungen sind hauptsächlich weiblich kategorisierte Schüler_innen betroffen. Ihnen werden durch die Kleiderordnungen bauchfreie Shirts verboten und die Länge ihrer Hosen wird reguliert. Womit das ganze gerechtfertigt wird? Die Maßnahmen sollen Schüler_innen vor sexuellen Übergriffen schützen.
Wenn’s einen Klassenraum betrifft, dann betrifft es alle Klassenräume!
Die Schüler_innen, die von diesen Kleiderordnungen betroffen sind, sind zwischen 10 und 19 Jahren alt. Dabei werden teilweise noch Kinder sexualisiert. Nicht aufgrund der Kleidung, die sie tragen, sondern weil es den Schulen ein Anliegen ist, ihre Lehrpersonen vor „verführerischer Kleidung“ zu schützen. Abgesehen von katholischen Privatschulen, betreffen diese sexualisierenden Kleidervorschriften nur wenige Schulen. Zumindest in der Theorie. Denn auch wenn die meisten Schulen keine Kleidervorschriften umgesetzt haben, hat sich die Stimmung in Schulen oft verschoben.
„Die eine Schule macht’s vor, da könntest du dir doch auch ein Beispiel nehmen! So wie du angezogen bist, lenkst du nur die ganzen Burschen in der Klasse ab.“
Denn wenn Lehrer_innen sehen, dass in den einen Klassenräumen ein Verbot möglich ist, dann baut das auch Druck an anderen Schulstandorten auf. Ob, das jetzt Lehrpersonen sind, die vor allem Schüler_innen darauf hinweisen, dass so etwas in anderen Schulen nicht möglich wäre zu tragen und sie sich ein Beispiel daran nehmen sollen oder Diskussionen im Ethik-Unterricht sind, in denen sich Schüler_innen für ihre Kleiderordnung rechtfertigen müssen. Der Vorwurf das Falsche anzuhaben, steigt.
Wenn die Hausordnung zur Unordnung wird
Kleidervorschriften in Schulen werden nicht bundes- oder landesweit festgelegt, wie viele andere Regeln für die Schule, sondern werden schulautonom verankert. Das heißt, dass jede Schule diese Entscheidung für sich selber trifft. Kleidervorschriften müssen in der Hausordnung einer Schule verankert werden. Diese wird im Schulgemeinschaftsausschuss abgestimmt, das ist ein Zusammenschluss von Vertreter_innen von Schüler_innen, Lehrer_innen und Eltern der jeweiligen Schule.
Von sexistischen Kleidervorschriften zu sexualisierenden Übergriffen ist es nicht weit
Betroffene Schulen erklären ihrer Schüler_innenschaft, dass sie selbst Schuld tragen, wenn sie sexualisiert werden. Während männlich kategorisierte Personen ihre Gedanken und Handlungen weder kontrollieren noch reflektieren müssen. Für die Direktionen ist es naheliegender und einfacher, zu kontrollieren, was ihre weiblich kategorisierten Schüler_innen tragen, anstatt die Schüler_innen und Lehrpersonen zu sensibilisieren und weiterzubilden.
Diese Kleidungsvorschriften drängen betroffene Personen von sexualisierter Gewalt in die Eigenverantwortung. Betroffene Personen „schützen zu wollen“, indem ihnen erklärt wird, dass sie selbst daran schuld sind, wenn Personen sexualisierte Gewalt ausüben, ist mehr als nur verwerflich. Es ist eine Schande, dass dieses Gedankengut der nächsten Generation immer noch weitergegeben wird.
Eine Person trägt keine Schuld an einem sexualisierten Übergriff. Nie. Erwachsene die sich nicht beherrschen können, wenn sie Kinder in Sommerkleidung sehen, sollten nicht mit Kindern zusammen arbeiten dürfen und in ihre Nähe gelassen werden sondern der Schule verwiesen werden.
Kleidung führt nicht zur Sexualisierung. Erwachsene Menschen, die sich von 12-Jährigen abgelenkt fühlen, führen dazu.
As a side note: Kleidervorschriften sind immer eine Vorschrift zu viel!
In der aktuellen Diskussion über Kleidervorschriften werden sexualisierende, geschlechtsbezogene Kleidervorschriften oft verurteilt, allgemeine allerdings nicht. Und das ist ein Fehler. Wenn Schulen Schüler_innen zwingen „buisness casual“ oder Schuluniformen zu tragen, nehmen sie uns Schüler_innen den Raum zur Individualität weg. In der Schule können Schüler_innen wenig mitbestimmen und auch den Schulraum nicht mitgestalten. Dann sollte es zumindest selbstverständlich sein, dass Schüler_innen sich mit ihrer Kleidung ausdrücken können und anziehen können, was sie wollen und was auch immer den Schulalltag für sie ein Stück besser macht.
Bildet banden
So: Pech gehabt. Genau deine Schule ist eine der Schulen, die sexualisierende Kleidervorschriften beschlossen hat. Was tun?
- Rede mit deiner Vertretung. Die Schüler_innenvertretung deiner Schule hat die Hausordnung und somit auch die Kleidervorschrift mitbeschlossen. Versuche mit ihr zu reden und zu erklären, weshalb dir die Abschaffung dieser, ein Anliegen ist. Sie kann einen erneuten Schulgemeinschaftsausschuss einberufen und in diesem, für die Auflösung der Regelung reden. Um die Position deiner Schüler_innenvertretung zu stärken, kannst du im Vorhinein Unterschriften in deiner Schule gegen Kleidervorschriften sammeln.
- Mache den Missstand öffentlich. Die Schule weigert sich etwas zu machen? Am besten baust du Druck auf deine Schule auf, in dem du mit anderen Institutionen, wie der Bildungsdirektion deines Bundeslandes redest und die Situation an deiner Schule veröffentlichst. Ebenso kannst du deine Social Media Kanäle benutzen und Lokalmedien kontaktieren, um eine breite Öffentlichkeit zu erreichen.
- Organisiert euch. Ihr müsst euch diesen Missstand nicht gefallen lassen. Was will die Schule machen, wenn an einem Tag alle Schüler_innen gegen die Kleidervorschrift verstoßen? Das zeigt nicht nur die Absurdität von solchen Regelungen auf, sondern kann wiederum auch die breite Öffentlichkeit erreichen.
Auch wenn Kleidervorschriften nicht deine Schule betreffen, kannst du betroffenen Schüler_innen helfen. Du kannst versuchen Aktionen an deiner Schule zu organisieren und die Aufmerksamkeit auf die Ungerechtigkeiten lenken!