13. Oktober 2020
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Warum ich angefangen habe, Sprache zu überdenken

Pass auf was du sagst! Sprache bildet. Sprache macht uns Menschen aus. Doch was soll das heißen? Oftmals ist dem Einzelnen gar nicht bewusst, wie sehr Sprache verletzen und beeinflussen kann. Genau aus diesen Gründen ist es umso wichtiger, sich mit der Thematik auseinander zu setzen, um vermehrt darauf zu achten.

Aber warum?

Vielleicht stellst du dir nun die Frage, ob das Ganze wirklich so wichtig ist und nicht überbewertet wird. Den meisten ist bewusst, dass Sprache nicht nur gehört oder gesehen wird, sondern dass unser Gehirn die wahrgenommene Vermittlung über Sprache in Bilder, Gefühle und Szenen übersetzt.

Sprache erzeugt also Bilder in unseren Köpfen. Außerdem ist hier die Problematik der heutigen Musikszene zu erwähnen. Musik drückt für Jugendliche oft das aus, was sie selbst nicht in Worten beschreiben können.

Musik manipuliert jedoch in vielen Aspekten, denn es werden falsche Bilder und Stereotypen vermittelt. Verletzende Worte und Formulierungen voller Hass oder Sexualisierung können durch verschiedenste Songtexte Eingang in den aktiven Sprachgebrauch finden, und werden dadurch verharmlost und normalisiert. Wenn zum Beispiel zwei bekannte Künstler wie Bonez MC und Gzuz in einem Lied rappen: „Baller der Alten die Drogen ins Glas Hauptsache Joe hat seinen Spaß“, wird viel zu wenig darauf geachtet wie extremst diskriminierend solche Aussagen sind. Hierbei ist die Liste jedoch enorm lang.

Sensible Sprache ist sehr vielfältig und hat viele Facetten. Der wichtigste Aspekt ist jedoch, dass sie diskriminierungsfrei ist und keine Personengruppen ausschließt.

 

Sprachliche Diskriminierung

Das Wort Diskriminierung bedeutet so viel wie trennen, unterscheiden und absondern. In den meisten Fällen wird aufgrund verschiedenster Merkmale diskriminiert: Geschlecht, ethnische oder soziale Herkunft, Hautfarbe, Sprache, religiöse Überzeugung, sexuelle Orientierung, Alter und Behinderung.

Sprache ist ein sehr machtvolles Instrument, denn wir handeln nicht nur mit unseren Taten, sondern auch mit dem was wir sagen und von uns geben. Wir diskriminieren andere also nicht nur durch das, was wir tun, sondern auch mit dem, was wir sagen und was wir nicht sagen. Sprachliche Diskriminierung können also explizite Schimpfwörter, sexistische, rassistische oder antisemitische Bemerkungen und Witze oder abwertende Äußerungen gegenüber einer gewissen Personengruppe.

Sprachliche Diskriminierung kann aber auch impliziert passieren, wenn eine Personengruppe nicht erwähnt wird. Diese Debatte des nicht-Erwähnens ist eine oft geführte gender Debatte, die immer wieder öffentlich diskutiert wird.

 

Warum ist gendersensibler Sprachgebebrauch wichtig?

Hier starte ich mit einem ganz simplen Beispiel: Wenn von einem Team mehrerer „Chirurgen“ die Rede ist, bilden sich automatisch, ohne dass wir es kontrollieren können, Bilder in unserem Kopf. Wenn also explizit von „Chirurgen“ gesprochen wird, werden alle anderen Geschlechter ausgegrenzt und nur das männliche hervorgehoben und miteinbezogen. Folglich bildet sich in unserem Kopf, ohne dass wir es wollen, ein Bild mehrerer Männer mit weißen Kitteln.

In vielen Fällen wäre es ganz einfach die geschlechtsneutrale Form zu verwenden. Beispielsweise werden aus Lehrer_innen Lehrpersonen, aus Student_innen die Studierenden und aus Zuhörer_innen die Zuhörenden. Und ansonsten, wenn dir auf die Schnelle gerade keine neutrale Form einfällt, ist es wichtig zu gendern. Hier werden Formen empfohlen, die alle Geschlechter miteinbeziehen, nicht nur das Männliche und Weibliche. Diese Formen aktiv in den täglichen Sprachgebrauch einzubauen ist von enormer Wichtigkeit, denn somit werden alle Menschen direkt angesprochen.

 

Gruppenbezeichnungen als Schimpfwort:

Schimpfwörter und diskriminierende Bezeichnungen sind gerade, besonders unter Jugendlichen eine bestehende Problematik. Der diskriminierende Sprachausdruck ist viel zu stark neutralisiert worden, weswegen es mittlerweile von einem Großteil junger Menschen als „nicht so schlimm“ angesehen wird. In den meisten Fällen kommt als Konterargument, dass die getätigten Aussagen doch nicht so gemeint waren und mensch doch bitte nicht so kleinlich sein soll.

„Schwul“ oder „behindert“ sind sehr bekannte und auch viel verwendete Schimpfwörter unter Jugendlichen. Dass hierbei jedoch aktiv Menschen ausgegrenzt und verletzt werden, bedenken die meisten nicht. Hierbei werden die Wörter in einen negativen Kontext gesetzt und mit etwas Schlechten in Verbindung gebracht. „Nicht so schlimm?“ Schlimm genug.

Zudem wird nicht reflektiert, welchen geschichtlichen Hintergrund diese Worte in sich tragen. In diesem Fall lägen den Begriffen jahrzehntelange Unterdrückung, Diskriminierung  und Kriminalisierung von Homosexuellen sowie Ausgrenzung von Menschen mit Beeinträchtigung in verschiedensten Lebensbereichen zugrunde.

 

Didn´t know?

Bedauerlicherweise gibt es viele Fälle, bei denen mensch gar nicht darüber im Klaren ist, dass das verwendete Wort, vielleicht auch eine andere Bedeutung hat. Das Adjektive wie „schwul“ oder „behindert“, nicht als Beleidigungen verwendet werden sollen, ist leicht verständlich.

Jedoch gibt es auch Phrasen, die weniger offensichtlich problematisch sind. Ein Beispiel wäre die Redewendung „Jedem das Seine“, der Begriff kommt aus der antiken Rechtsphilosophie und wurde eins zu eins in unseren heutigen Sprachgebrauch übernommen. 1937 galt der Spruch jedoch den Häftlingen des KZ Buchwald, als Rechtfertigung ihrer Behandlung. Allerdings kann mensch das nicht riechen. Wenn mensch aber über den problematischen Hintergrund eines Begriffes aufgeklärt wird, ist das der Zeitpunkt, um seine_ihre Debattierkünste auszupacken.

Zwei Beispiele, die zeigen, wie sehr Männlichkeit unsere Sprache dominiert und dennoch oft unbemerkt bleibt, sind die Adjektive herrlich und dämlich. Herrlich, welches das Wort Herr enthält, assoziiert etwas Großes und Positives, wohingegen dämlich, welches dem Wort Dame ziemlich nahekommt, etwas weniger Intelligenteres und Negatives beschreibt.

Mit unser Sprache bilden und beeinflussen wir. Deswegen ist es wichtig sensible Sprache aktiv in unserem Sprachgebrauch zu verwenden.

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