22. März 2020
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Nicht genügend, setzen, liebe Bundesregierung!

Die türkis-grüne österreichische Bundesregierung wurde im Jänner 2020 vom Bundespräsidenten angelobt. Sie besteht aus 15 Mitgliedern. 4 davon gehören der grünen Partei an. Die Hoffnung war da. Mit der neuen Koalition sank die Anzahl an Nazis in der Regierung deutlich. Sie wurden durch Menschen mit linke(re)n Vorstellungen ersetzt. Mit der Verkündung der Ministeriumsverteilung wurde die Hoffnung kleiner.

Anstatt neuen Wind durch Österreichs Schulgänge wehen zu lassen, gab man das extrem wichtige Amt des Bildungsministeriums in Hände, die vor 50 (!) Jahren zuletzt zitternd eine Schularbeit schrieben. In Hände, dessen Besitzer die Probleme, denen Schüler_innen Tag für Tag ausgesetzt sind, gar nicht verstehen kann. Den es nicht interessiert, wie viele Schüler_innen Angst davor haben, in die Schule zu gehen. Dessen einziges Ziel es ist, den Rucksack, der auf deren Schultern lastet – gefüllt mit Leistungsdruck, Konkurrenzdenken, Angst und Stress – mit schweren, türkisen Steinen zu füllen.

Sein Name ist Heinz Faßmann, er wurde von der ÖVP nominiert und war auch schon in der vorherigen türkis-blauen Bundesregierung Bildungsminister.

 

Konkurrenz und Leistung in die Köpfe der Kinder!

Deshalb bleiben Ziffernnoten verpflichtend für jede Volkschule ab der 2. Klasse. Jahrelang wurde nach alternativen Beurteilungsformen gesucht, um kleine Kinder nicht in Zahlen messen zu müssen. Von Smileys bis zu einem von der Lehrperson ausführlich geschriebenem Feedback.

Finnland ist bei weltweiten PISA Studien immer ganz vorne dabei, und ein Vorzeigeland bezüglich Bildungsfragen und alternativen Lehrmethoden. In Finnland werden Schüler_innen erst ab 15 Jahren mit Ziffern benotet. Es wird versucht sie positiv zu ermutigen statt Leistung zu erzwingen.

Etliche Fakten sprechen wissenschaftlich fundiert gegen ein Ziffernnotensystem. Ziffernnoten sind nicht aussagekräftig. Das einzige, was sie aussagen, ist die Prüfungsfähigkeit der_des Einzelnen. Wie gut eine Person unter Leistungs- und Zeitdruck arbeiten und wie viel Stoff sie auswendig lernen kann.

Zudem ist es demotivierend, jede Woche schlechte Noten einzukassieren. Es schafft ein Gefühl, weniger Wert zu sein, was gerade für Kinder und Jugendliche in ihrer Selbstfindungsphase eine große Belastung darstellt.

Das System der Ziffernnoten hemmt mit seiner Leistungsorientierung kindliche und jugendliche Neugierde und Entwicklung statt sie zu fördern.

 

Trennen, selektieren, ausfiltern!

Alma und Sebastian können nicht gemeinsam in einer Klasse lernen. Sonst würde sie Sebastians Lernfortschritt aufhalten.

Alma ist gerade erst nach Österreich gezogen. Da sie nur Bosnisch und ein bisschen Englisch spricht, muss sie Deutsch erst lernen. In ihrer Schule gibt es noch sieben andere Kinder, die Deutsch lernen müssen. Sie sind also genug, um gemeinsam in eine Klasse gesteckt zu werden.

Erst ab 8 Personen kommt eine Deutschförderklasse zusammen, wo sie zwischen 10 und 15 Förderstunden bekommen. Wären sie insgesamt weniger als 8 Personen, würden sie stattdessen nur 6 Förderstunden bekommen.

Aber Alma hat eigentlich schon eine Klasse, die 3b. Von dort muss sie nun aber immer weg in die Deutschförderklasse.

Sie versäumt  Physik, Biologie und sogar Mathematik. In ihrer alten Schule war sie die beste in Mathe.

Dass sie in der 3b irgendwann nichtmehr eine Fremde ist, ist unwahrscheinlich.

Dass sie nächstes Jahr aufsteigt, auch. Das schaffen nur 15 % aller Schüler_innen in Deutschförderklassen.

Kinder in Deutschförderklassen werden sozial isoliert, werden exkludiert, versäumen wichtigen Stoff um separat deutsch zu erlernen und bekommen damit nicht die gleiche Chance wie ihre Kolleg_innen, in die nächste Schulstufe aufzusteigen.

 

Schülerinnen* diskriminieren, um sie von „Diskriminierung“ zu befreien

Der römisch-katholische Unterricht zwei Stunden pro Woche; Jesus, der neben der Tür am Kreuz hängt; der Gottesdienst an jedem Zeugnistag; der Biologielehrer mit dem Kreuz um den Hals…

Schule und Kirche sind nur auf den ersten Blick zwei Sachen, die nichts miteinander zu tun haben.

Anstatt Religionen aus Institutionen wie der Schule gänzlich zu verbannen, macht die Regierung das nur bei gewissen Religionen.

Viele Frauen*, die sich dem Islam zugehörig fühlen, tragen ein Kopftuch. Viele tun das nicht.

Viele Frauen*, die sich dem Christentum angehörig fühlen, tragen eine Kette mit einem Kreuz dran. Viele tun das nicht.

Weil unsere Regierung nicht davor zurückschreckt, islamophobe Politik hinter einem scheinfeministischen Deckmantel zu betreiben, verbietet sie Mädchen* ab 14 Jahren nun, das Kopftuch zu tragen. Dies ist auch bei Lehrerinnen* in Planung.

Das ist ein Eingriff in die Selbstbestimmung von Frauen*. Das ist ein Akt, den Islam nicht als Teil Österreichs Kultur anzuerkennen.

Alle Religionen und Kulturen sind Teil der österreichischen Kultur, auch wenn Basti das nicht einsehen will.

 

Kurz will eine Schule für alle

(außer für nichtstressresistente, kopftuchtragende, nichtdeutschsprechende, finanziell schwächere(,…) Schüler_innen.)

Deshalb sollen auch im Zuge der Digitalisierung Tablets und Laptops eingeführt werden. Ein Schritt gegen Papierverbrauch und in Richtung moderne Schule. Diese Forderung ist sehr kostenintensiv.  Der Staat zeigt sich für die Umsetzung jedoch nicht ganz so großzügig. Der Betrag, der in Österreich jährlich für Bildung ausgegeben wird, macht nur um die 5 % unseres Bruttoinlandproduktes aus. Nur 5 %!!

Das Bildungsbudget muss endlich erhöht werden! Bildung ist für finanzschwache Familien eine durchgehende Herausforderung. Der Kauf eines Laptops belastet – trotz Förderung – die Geldtaschen. Digitalisierung ja, aber für alle. Nicht nur für die Schicht, die es sich leisten kann.

Ich, als Schülerin, bin empört über das erschreckend geringe Interesse der Regierung, unseren Schulalltag nachhaltig zu verbessern.

Fünf, setzen, liebe Bundesregierung. Das ist nicht genügend. Wir brauchen echte Veränderungen, damit die Schule endlich ein Ort wird, indem sich jede_r wohl fühlt. Schule sollte ein Ort der Entfaltung, frei von Diskriminierung und Stress, sein. So…Do your homeworks!

BKA Foto: BKA