3. Januar 2020
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Sophie Scholl – Mitgründerin der Weißen Rose

In München griffen im Sommer 1943 Student_innen gemeinsam mit einem ihrer akademischen Lehrer* Hitler offen an. Idealismus und die wachsende Abscheu vor der kriminellen Unmenschlichkeit des Regimes hatte eine Gruppe um Sophie Scholl und ihren Bruder Hans zusammengeführt. Der Name „Scholl“ weckt unmittelbar die Erinnerung an jene mutige Widerstandsbewegung - Weiße Rose.

Sophie Scholl war eine der Mitgründer_innen der Weißen Rose, einer Widerstandsorganisation gegründet von deutschen Studierenden während des Zweiten Weltkriegs. Die Bewegung ging von den Geschwistern Scholl aus, Sophie und Hans. Sie und ihr enger Freund_innenkreis fingen an, Flugblätter an ihrer Universität in Umlauf zu bringen.

Doch wie kam es überhaupt zu diesen Akten des Widerstands?

 

Jugendzeit

Sophie Scholl und ihre vier Geschwister verbrachte eine glückliche Kinder- und Jugendzeit in einem großbürgerlichen Elternhaus in Ulm.

Durch ihre Sehnsucht nach Gemeinschaft machten sich die Scholl-Geschwister sehr anfällig für das Werben der nationalsozialistischen Jugendorganisationen. Voller Begeisterung trat Sophie Scholl also dem Bund Deutscher Mädel (BDM) bei.

Sophie Scholls Jugend glich zunächst der ihrer ganzen Generation. Doch nachdem ihr Bruder wegen der Gründung einer illegalen Jugendorganisation für fünf Wochen inhaftiert wurde und Sophie somit eine persönliche Erfahrung mit der repressiven Macht des NS-Regimes machen musste, begann für sie die Loslösung vom Umfeld der Hitlerjugend.

Sophie war plötzlich hellhörig für die Gefährdung ihrer jüdischen Mitschülerinnen* geworden und erfuhr auch recht bald von der Existenz der Konzentrationslager.

Von ihrem Amt als Gruppenführerin des BDM wurde sie 1939 wegen Ungehorsams suspendiert.

 

Studium

Im Mai 1940 hatte Sophie Scholl gehofft, mit dem Studium der Biologie und Philosophie in München anfangen zu können, doch dieser Plan wurde durch die Forderung, sechs Monate Reichsarbeitsdienst zu leisten zunichtegemacht. Um dem zu entgehen begann sie eine einjährige Ausbildung zur Kindergärtnerin*.

Im Mai 1942 konnte sie endlich ihr Studium beginnen, allerdings an einer Universität, deren Präsident* ein hochrangiges Mitglied der SS war.

Außerdem war an deutschen Universitäten seit 1933 ein geschlechtsspezifischer Numerus Clausus wirksam, das heißt, dass die Zahl der Studienanfängerinnen* zehn Prozent aller neu eingeschriebenen Studierenden nicht überschreiten durfte. Die Verdrängung der Frauen* aus dem akademischen Leben war ein Ergebnis der nationalsozialistischen Bildungs- und Beschäftigungspolitik.

 

Anfänge des Widerstands

Im Zeitraum zwischen Juni 1942 und Jänner 1943 wurden von der Weißen Rose mehrere Flugblätter verfasst und unauffällig an der Universität München in Umlauf gebracht. Die Flugblätter fanden außerdem eine weit über München hinausreichende Verbreitung, denn Mitglieder der Gruppe fuhren in andere Städte in Norwegen, Schweden und England, um dort auch Flugblätter zu verteilen. Zu einer massenhaften Verbreitung des letzten Flugblattes trug der Abwurf durch Flugzeuge der Royal Air Force bei.

Am 13. Januar 1943 fand eine Veranstaltung anlässlich der Feier des 470-jährigen Bestehens der Ludwig-Maximilians-Universität statt, bei der der Gauleiter von München, Paul Giesler, ans Redner_innenpult trat. Alle Studierenden mussten an dieser Veranstaltung teilhaben, denn ansonsten wären sie ausgeschlossen worden.

Giesler wollte den Versammelten klarmachen, dass sie dankbar zu sein hätten, in Ruhe studieren zu dürfen, bezahlt von den Steuergeldern der Arbeiter_innen und beschützt von den Kämpfenden an der Front. Seine Instinktlosigkeit überbot er aber noch mit einem Angriff gegen die Studentinnen*, denn seiner Meinung nach sollten sie dem „Führer“ lieber Kinder schenken, statt wertvolle Studienplätze zu blockieren. Und falls die eine oder andere unter ihnen nicht hübsch genug sei, um einen Ehemann zu finden, so sei er gerne dazu bereit einen seiner Assistenten für die Erfüllung dieser „patriotischen Pflicht“ freizugeben. Er könne den jungen Frauen* schon jetzt ein „beglückendes Erlebnis“ versprechen. Da endlich begannen die Anwesenden „Buh“ zu rufen. Sophie befand sich mit weiteren Mitstudierenden auf der Galerie. Die Studentinnen* zogen ihre Schuhe aus und trommelten damit auf das Geländer und der Lärm wurde so groß, dass es Griesler schwer fiel, seine niveaulose Rede überhaupt zu Ende zu bringen. Die Studentinnen* verließen den Saal und lärmten auf dem Gang so lange, bis sie von SS-Leuten zurückgedrängt wurden.

Während die Studenten* das Auditorium problemlos verlassen konnten, mussten die Studentinnen* weiter auf der Galerie ausharren.

 

Verhaftung und Hinrichtung  

Da es vom letzten Flugblatt 3000 Exemplare gab, also zu viele für die bisherigen Verteilungsmethoden, begannen Sophie und Hans Scholl damit, die Flugblätter in der Universität auf Treppenabsätze, Fensterbänke und auf die Brüstung des zentralen Lichthofes zu legen. Während sie den letzten Stapel verteilten kamen die Studierenden aus den Vorlesungssälen heraus und sahen, wie der Hausmeister die Treppe hinauf stürmte, um Hans und Sophie beim Kragen zu packen und ins Büro des Direktors zu schleppen.

Die Vernehmung durch die Gestapo lief anfänglich eigentlich nicht ungünstig für die Geschwister, bis man bei der Durchsuchung ihrer Taschen jedoch ein in kleine Stücke zerrissenes Flugblatt ins Hans Manteltasche fand, dass von einem anderen Mitglied der Weißen Rose, Christoph Probst, stammte.

An den ersten vier Tagen nach ihrer Verhaftung wurden die Geschwister in getrennten Verhören vernommen. Sie sagten immer wieder, dass ihr Motiv einzig und allein die Hoffnung gewesen sei, dass sie, indem sie in Deutschland dabei halfen, eine öffentliche Meinung gegen den Krieg aufzubauen, dazu beitrügen, diesen Krieg zu verkürzen, um so hunderttausende Menschenleben zu retten und das, indem sie ihr eigenes opferten.

Als Sophie die offizielle Anklage der „Vorbereitung zum Hochverrat“ überbracht wurde, war ihr klar, dass sie sterben werde.

Am Ende ihrer Verhandlung, die im Februar 1943 stattfand, stellte einer der Gestapomänner die Frage, ob Sophie nicht doch der Auffassung sei, dass die Handlungsweise der Weißen Rose in der derzeitigen Phase des Krieges ein Verbrechen gegenüber der Gemeinschaft sei. Darauf antwortete sie: „Sie täuschen sich; ich würde alles genau noch einmal so machen, denn nicht ich, sondern Sie haben die falsche Weltanschauung.“

Der Richter verhängte über Sophie, ihren Bruder und auch über Christoph Probst die Todesstrafe, denn laut einer Reihe neu geschaffener Gesetze wurde Hoch- und Landesverrat unter Todesstrafe gesetzt.

Am 22. Februar 1943 um 17 Uhr wurde Sophie Scholl durch Enthauptung hingerichtet und kurz darauf auch ihr Bruder und Probst. Die Geschwister wurden am Perlacher Friedhof bestattet.

 

Gedenken   

Schon am 4. November 1945 fand in München eine Veranstaltung zum Gedenken an Sophie und Hans Scholl und ihre Mitstreiter_innen in der Weißen Rose statt.

Einer der Redner_innen betonte, dass eine außerordentliche Tat nur von einem außerordentlichen Menschen ausgeführt werden kann. Doch Sophie Scholl sollte nicht zu einem unerreichbaren Idol werden. Sie kann – besonders für die jungen Frauen* von heute – Leitbild sein, ein Vorbild zu wirklicher Unabhängigkeit und persönlicher Autonomie.

©Martha Schad Foto: ©Martha Schad