25. März 2018
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„#metoo – taboo“ in der Schule

Gelächter im Klassenzimmer. „Me too, hahaha!“, der Englischunterricht wird auch immer unterhaltsamer. Denn kaum werden diese zwei Worte ausgesprochen, so nimmt plötzlich eine seltsame Atmosphäre den Raum ein: Es wird gelacht. Weil die ganze Situation ja so unglaublich witzig ist, oder?

Die Schule ist unsere Lernstätte, unser Ort der Bildung, an dem wir Wissen teils mühsam eingeflößt bekommen und teils neugierig aufnehmen. Die Schule ist ein Ort, an dem angeregte Diskussionen stattfinden und Schülerinnen und Schüler sich untereinander aber auch mit Lehrpersonen unterhalten. Auch aktuelle Problematiken, Geschehnisse, Trends sollten hierbei behandelt werden und einen Raum bieten, sich tagespolitisch weiterzuentwickeln und Meinungen austauschen zu können. Jedoch gibt es einige Themen, die untergehen.
Zu kritisch? Zu unangenehm? Warum wird einiges ausgespart?

Bin ich dafür zuständig?

Im Falle der „#metoo“-Kampagne, die seit Oktober letzten Jahres enorme Aufmerksamkeit und Beteiligung erhalten hat, scheint dies der Fall zu sein. Zumindest an meiner Schule. Ich bin mir jedoch sicher, dass sie keinen Sonderfall darstellt.  Das Thema wird anscheinend nicht für bedeutend genug eingestuft, um es aufzuarbeiten. Frauen* sprechen über sexualisierte Missbräuche, erzählen ihre persönlichen Geschichten. „Soll ich das im Unterricht behandeln? Wie werden die Schüler_innen darauf reagieren?“ Fragen, die sich vermutlich viele Lehrpersonen im Zuge der letzten Monate stellten.
Und doch scheint es, als hätten sich die meisten dagegen entschieden. Das soll doch lieber privat besprochen werden!

Eine Frage von Verantwortung

In einer solchen Situation, wenn plötzlich unzählige Menschen ihre Geschichten erzählen und Gerechtigkeit fordern, dann betrifft das die ganze Gesellschaft. Und dazu gehören nun einmal auch Schülerinnen und Schüler. Dieses Thema zu meiden, mit Lachen abzutun, trägt nur mehr zum Verstummen der Betroffenen bei. Denn in Wahrheit könnten Betroffene in jedem Klassenzimmer sitzen, und das tun sie mit Gewissheit auch.

Diese mutgebende Kampagne in der Schule, einem öffentlichen Raum, zu vernachlässigen, aus Peinlichkeit, ja aus Angst jemand könnte etwas Unangenehmes sagen, zeugt von der nach wie vor herrschenden Vertuschung von sexualisierten Missbräuchen im Alltag. Nach so langer Zeit der Unterdrückung der weiblichen Sexualität und der Verharmlosung von sexualisierter Gewalt, brechen Kampagnen wie „#metoo“ mit den gesellschaftlichen Konventionen, die vor allem die Jugend beeinflussen. Gerade deshalb und vor allem bei diesem Thema, wenn speziell junge Frauen und Mädchen betroffen sind, sollte auch die Schule die Möglichkeit geben, sich zu öffnen und Hilfe anzubieten.

 

Bei den Worten „Me too“ wird unüberlegt gelacht. Die Aussage wird zweckentfremdet, mit dem Wissen, was sie eigentlich für eine Bedeutung innehat, mit dem Wissen, was es für Überwindung gekostet haben muss, sie endlich auszusprechen. Genau dieses verharmlosende Verhalten könnte aber einer Person den Mut nehmen, sich zu öffnen, ihre Geschichte zu teilen, sich zu wehren oder um Hilfe zu bitten. Der Sinn des Hashtags wird entkräftet, und alles was bleibt, sind eine seltsame Stimmung und das Gelächter einiger, die nicht weiter darüber nachgedacht haben, nachdenken wollen oder werden.

 

Die Schule ist unsere Lernstätte, unser Ort der Bildung, an dem wir uns austauschen können und uns dabei wohlfühlen sollten, unsere Meinungen zu äußern. Beginnen wir in der Schule Themenbereiche auszugrenzen, die von solcher Tragweite und Bedeutsamkeit sind, sind wir in unserem Bildungsauftrag kläglich gescheitert. Die Angst eine unangenehme Stimmung zu erzeugen und ein tabuisiertes Thema aufzubrechen darf es nicht geben! Schule soll uns nicht nur Formeln lehren und den Aufbau von Zellen vermitteln, sie soll uns zeigen, kritisch mit der Welt, mit der vorherrschenden Gesellschaft umzugehen. Und dazu gehören auch unangenehme Themen, denn diese Dinge passieren, das kann auch kein Gelächter vertuschen.

 

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