Integration in der Schule! Aber wie?
Standpunkte der Parteien: Integration von geflüchteten Personen in der Schule
(Fast) alle Parteien, die zur Nationalratswahl antreten, möchten etwas in der Schule verändern. Doch welche Veränderungen soll es laut den Parteien in der österreichischen Politik für Geflüchtete und Schüler_innen nichtdeutscher Erstsprache geben?
Perfekte Welt
Alle Parteien möchten endlich ein “besseres” oder “reformiertes” Bildungssystem – von der Volksschule bis zur Universität. Was genau für die Parteien aber “besser” ist, das variiert sehr stark. Besonders interessant ist, wie genau Integration von Kindern nichtdeutscher Erstsprache in der idealen Welt der Parteien stattfinden soll.
NEOS
Kinder mit nichtdeutscher Erstprache sollten mittels sprachlicher Frühforderung in der Erstsprache und auf Deutsch mit Vorteilen statt Nachteilen im Bildungssystem durchstarten.
Wer in der eigenen Umgangssprache lesen und schreiben gelernt hat, lernt laut den NEOS schneller und besser Deutsch, was die Chancen in der Bildungslaufbahn erhöht.
Mehr Integrationslehrer_innen sollen dafür sorgen, dass die Kinder gezielt zusätzlich gefördert werden, sofern die Leistungen hinter denen deutschsprachiger Kinder zurückbleiben.
Laut den NEOS braucht Integration “wechselseitige Beziehung, Annahme und Respekt”. Ganz wichtig ist der Erwerb der deutschen Sprache: „Brennpunkt-Schulen“ sollten durch einen Chancen-/Sozialindex nach niederländischem Beispiel “entschärft” werden, für österreichweite Deutschkurse für Asylwerber_innen soll eine zentrale Regierungsstelle für Integration zuständig sein.
FPÖ
Das Programm der FPÖ unter dem Motto “Österreicher verdienen Fairness” streift das Thema nur sehr kurz. Der Inhalt besteht im Grunde aus folgendem Satz:
“Das Beherrschen der deutschen Unterrichtssprache ist Voraussetzung für die Teilnahme am Regelunterricht an öffentlichen Schulen in Österreich”.
Wie genau Personen nichtdeutscher Erstsprache ohne Teilnahme am regulären Unterricht die “offizielle” Unterrichtssprache aber letztendlich erwerben können, bleibt unerwähnt.
ÖVP / Liste Kurz
Laut der ÖVP spricht bereits ein Viertel aller Schüler_innen im österreichischen Schulsystem zuhause nicht mehr Deutsch als Umgangssprache. Die fehlenden Deutschkenntnisse sollten in eigenen Klassen, die darauf fokussiert sind, den Schüler_innen die deutsche Sprache beizubringen, nachgeholt werden. Erst danach sollen Schüler_innen im Regelschulbetrieb unterrichtet werden.
Wenn das Erlernen der deutschen Sprache nur langsam vorangeht, soll der Besuch eines Nachmittagsunterrichts oder von Sommerkursen verpflichtend werden.
Die ÖVP möchte auch, dass mehr Lehrer_innen mit Migrationshintergrund, die „hervorragend integriert“ sind, die Kinder fördern und unterstützen.
Ab der 5. Schulstufe soll das Pflichtfach “Staatskunde” die Grundzüge der Verfassung und des Rechtsstaates in Österreich vermitteln, wie Demokratie in Österreich funktioniert und welche Werte und Traditionen in der österreichischen Kultur laut der Volkspartei wichtig sind.
Die Grünen
Laut den Grünen lernen Kinder “generell sehr schnell Deutsch”. Dies hänge viel mehr vom Bildungsstand der Eltern als vom Herkunftsland ab. Gute Kenntnisse der Unterrichtssprache Deutsch sind laut den Grünen allerdings eine wesentliche Voraussetzung für den schulischen Erfolg.
Zehntausende Kinder und Jugendliche haben allerdings Defizite und somit Nachteile im Bildungssystem, dies soll durch “bessere Fördermaßnahmen und Konzepte” verbessert werden. Schüler_innen sollen die Möglichkeit haben, länger als die bisher nur maximal 2 Jahre Förderunterricht in der deutschen Sprache zu besuchen – sondern während der gesamten Schulzeit.
Die soziale Selektion beginne schon im Kindergartenalter. Die Grünen sprechen sich außerdem nachdrücklich dafür aus, dass geflüchtete Kinder “sofort” in Regelklassen kommen, zumal Sprache nur im Miteinander und auf spielerische Weise erworben wird.
SPÖ
Die SPÖ findet es besonders wichtig, dass Kinder parallel zu speziellen Deutsch-Startkursen die weniger sprachintensiven Fächern in ihren Stammklassen absolvieren und so von den anderen Kindern lernen können. Nur so kann laut der sozialdemokratischen Partei Integration funktionieren.
Möglich machen möchte die SPÖ dies durch einen sogenannten Chancenindex. Dieser Index errechnet sich durch:
– den Anteil der Schüler_innen, deren Eltern maximal einen Pflichtschulabschluss aufweisen
– den Anteil der Schüler_innen mit einer anderen Muttersprache als Deutsch
Umso höher dieser Anteil dann ist, umso mehr Ressourcen (also Geld und Lehrkräfte) sollten diese Schulen dann bekommen, um Chancenungleichheit und Qualitätsunterschiede zwischen den Schulen auszugleichen.
Liste Pilz
Die Liste Pilz ist eine Partei ohne Parteiprogramm und Klubzwang. Die Kandidat_innen sind das Programm, es gibt keine offiziellen schriftlichen Quellen, welche die Standpunkte dieser Partei vertritt.
Zusammenfassung der Standpunkte
Welche Parteien sind der Meinung, dass Schüler_innen mit anderer Erstsprache in speziellen Klassen und nicht mit den anderen Schüler_innen unterrichtet werden sollen?
ÖVP, FPÖ,
Welche Parteien sprechen sich für einen schulspezifischen Ausgleich durch einen Chancenindex aus, bei dem speziell ausgebildete Lehrpersonen und eine Budgetverteilung nach Index für Integration sorgen?
NEOS, SPÖ,
Welche Parteien fordern bessere Integration durch eine Aufstockung des Lehrpersonals, z.B durch Integrationslehrer_innen oder Lehrpersonen mit Migrationshintergrund?
NEOS, ÖVP, SPÖ, Grüne
Welche Parteien möchten in einem eigenen Fach die grundlegenden “Werte und Traditionen” Österreichs vermitteln?
ÖVP
Persönliche Meinung
Sehr wenig Platz nahm das Thema Integration im Bildungssystem interessanterweise im Wahlprogramm der Grünen und der FPÖ ein, seitenlange Konzepte und vorgefertigte Ideen konnte man allerdings im Programm der NEOS und SPÖ lesen.
Verwunderlich ist auf jeden Fall, wie unterschiedlich die Ansätze zur Integration und Inklusion sind: NEOS, GRÜNE und die SPÖ finden einen gemeinsamen Unterricht von Schüler_innen verschiedenster Muttersprachen sinnvoll. Die Kinder können gemeinsam lernen, verschiedene Kulturen kennenlernen und aufeinander zugehen.
Nur die ÖVP möchte eine Trennung von deutschsprachigen und nichtdeutschsprachigen Kindern im Unterricht. Völlig vergessen wird dabei aber, dass Schule nicht nur Wissen vermitteln sollte, sondern auch soziale Kompetenzen und Offenheit, und genau das könnte am besten mit Kindern verschiedenster Kulturen gefördert werden.
Eine weitere Idee fernab der Realität ist der Ansatz der FPÖ: Nur Kinder, die bereits Deutsch sprechen, sollten in die Schule gehen können. Interessant, aber unbrauchbar, schließlich werden geflüchtete Kinder nur durch Bildung die Sprache Deutsch sowie das Land Österreich kennenlernen können.
– Alle Standpunkte der Parteien sind durch Zitate von Personen mit einer Funktion in der jeweiligen Partei und/oder durch deren Bildungssektor im Parteiprogramm belegt. –