Der rote Teppich ist nicht das Gelbe vom Ei – Interview mit den Darsteller_innen von „Jugend ohne Gott“
Interview mit Schauspieler_innen vom neuerschienen Kinofilm „Jugend ohne Gott“
Die jetzige Verfilmung des Klassikers von Ödön von Hrovath hat aber mit dem Original nicht mehr so viel zu tun.
Zach (gespielt von Jannis Niewöhner, bekannt aus „Die Wilden Hühner“) und seine Mitschüler_innen Nadesh (Alicia von Rittberg) Titus (Jannik Schümann) müssen ein Art Boot Camp absolvieren. Die Besten bekommen einen der begehrten Plätze an der Rowald Universität. Zach trifft dort auf Ewa (Emila Schüle) – eine „Illegale“. Sie gehört zu jenen in der Gesellschaft, die den ihr zugewiesenen Bereich verlassen haben.
Als im Camp ein Mord passiert, steht die Welt auf dem Kopf.
Als Syntaxblog hatten wir die Chance mit Jannis Niewöhner (im Film Zach) und Anna Mühe (im Film Loreen) zu reden:
Syntaxblog: Erstmals cool, dass ihr euch heute Zeit genommen habt für uns. Ich stelle euch jetzt eine Frage, die ihr sicher schon tausendmal gehört habt. Was war euer Anreiz bei dem Film mitzumachen?
Jannis: Erstens, dass man wusste: man kann mit spannenden Leute zusammenarbeiten und natürlich war das jetzt für mich auch eine große Rolle, eine tolle Thematik und das ist eigentlich schon genug Grund, dann mit Lust in ein Projekt reinzugehen.
Anna: Bei mir war das auch so. Ich fand das Drehbuch einfach total gut geschrieben. Ich hab das Originalbuch gelesen als ich 12 war und mochte es sehr gerne.
Syntaxblog: Was war das spannendste an eurer Rolle?
Jannis: Bei mir war es so, dass ich mich Zach schon sehr nahe gefühlt hat in ganz vielen Dingen und dass dieser Charakter in der Lage ist, sich auch konsequent zu verhalten und sich Ungerechtigkeiten und dem System zu wiedersetzen.
Das ist was ich mir von mir selber noch mehr wünschen würde – ich tu natürlich auch meinen Teil um Ungerechtigkeiten entgegenzuwirken, aber bei weitem noch nicht so viel wie er.
Anna: Für mich war die Loreen spannend, weil sie so linientreu war und diese extreme Selbstkontrolle, die sie hat, fand ich spannend auch körperlich darzustellen. Ich habe so was noch nie gespielt davor und es war eine große Freude mal so streng zu sein. (lacht)
Syntaxblog: Ein ganz zentrales Thema vom Film ist das Konkurrenzdenken. Immer besser, schöner und stärker als die anderen sein zu müssen. Wie würdet ihr das auf euren eigenen Beruf umlegen als Schauspieler_innen? Es ist sicher nicht einfach, mit diesem Konkurrenzdenken umzugehen.
Anna: Mein Freundeskreis besteht zu 80 Prozent aus Schauspieler_innen. Da hat man das nicht. Das wäre auch ganz schön dämlich, wenn wir es hätten, dann könnten wir nicht so gut befreundet sein. Ich komm aus einer Schauspielfamilie in der man anderen immer die Rollen gegönnt hat und natürlich auch traurig war, wenns mal nicht geklappt hat, das ist ja menschlich.
Jannis: Das war bei mir auch ähnlich und vor allem der Gedanke, dass einem Gefühle wie Neid nie etwas bringen.
Syntaxblog: Als Schauspieler_in steht man ja immer im Rampenlicht und somit auch unter einem gewissen Druck, immer perfekt zu sein. Wie geht ihr mit Situationen wie zB. über einen roten Teppich zu gehen um?
Anna: Ich mach mir den Druck ehrlich gesagt nicht mehr, dafür hab ich eine gute Maskenbildnerin. Ich habe mittlerweile gelernt, dass ich meine Beruf sehr liebe – der rote Teppich gehört dazu, aber das ist nicht das Gelbe vom Ei.
Jannis: Es war ganz lange so, dass ich diese Dinge, wie den roten Teppich oder Veranstaltungen abgelehnt habe, weil man sich so unecht vorkam und das braucht glaub ich eine Zeit bis man da hinkommt und sieht, dass man das auch genießen kann und soll.
Syntaxblog: Ein anderes wichtiges Thema in dem Film ist Privatsphäre, das soll es in der Filmrealität ja nicht wirklich geben. Im realen Leben sind wir auch immer damit konfrontiert, dass Privatsphäre nicht wirklich existiert. Wir sind immer erreichbar, das Internet weiß alles von uns. Wie ist das bei euch so? Wieviel seid ihr am Handy?
Jannis: ich bin schon oft am Handy klar. Ich merk auch immer wie viel das dann ausmacht, wenn man das Handy mal für ein paar Stunden weglegt.
Anna: Ich kann tatsächlich auch mal eine Woche ohne Handy sein.
Syntaxblog: Der zentralste Vorwurf des Films ist, dass die Jugend zu unkritisch ist und wir zu wenig hinterfragen. Glaubt ihr auch, dass die Jugend zu wenig hinterfragt und an was könnte das liegen?
Anna: Das würde ich so gar nicht sagen. Ich glaub, dass die Jugend jetzt genauso kritisch hinterfragt wie ihre Eltern nur hatten die ganz anderen Sachen die sie hinterfragen konnten, da gab es vielleicht konkret mehr gegen das man rebellieren konnte. Das ist heutzutage alles ein bisschen schwammiger – ich wüsste jetzt nicht so das große Thema gegen das die Jugend jetzt gerade vorgeht außer natürlich AFD und co. Dafür ist der Film auch gut, damit die Leute wieder checken: kümmert euch um euer Umfeld.
Jannis: Ich habe selbst schon das Gefühl, ich werd jetzt immer ein Stück weit politischer und wage mich immer mehr an politische Themen heran. Ich trau mir viel mehr zu und das ist ja auch das Problem: dass man sich oft nicht zutraut den Durchblick zu haben. Ich wüsste auch nicht wie genau ich rebellieren kann, trotzdem spür ich, dass die Energie dafür unter den Jungen gerade da ist.
Syntaxblog: Danke für da Interview.