Ich will auch im Fernsehen sein
In Österreich sind Menschen mit Migrationshintergrund sehr unterrepräsentiert – ein Text darüber, wie sich dieser Umstand auf Schüler_innen auswirkt und wie es anders gehen könnte.
5, 2, 1. Diese Zahlen beschreiben die Anzahl der Person mit Migrationshintergrund im Nationalrat, Bundesrat und der österreichischen Regierung. Diese Vertretungen habe insgesamt 258 Plätze. 156 von knapp 4000 Schüler_innen einer AHS-Oberstufe haben sichtbaren Migrationshintergrund. 8 von 60 Lehrpersonen und keine einzige von 4 Direktor_innen. Das sind die Ergebnisse von 4 beliebigen Schulen. Zahlen und Fakten, die egal welchen andere Schule wir gefragt haben, ähnlich waren. Wir sind unterrepräsentiert.
Was macht uns aus?
Wir sind die Schüler_innen in Österreich mit Migrationshintergrund. Wir sind entweder die erste Generation unserer Familie die hier in die Schule geht, vielleicht schon immer in Österreich aufgewachsen oder mit einem Elternteil aufgewachsen ist, der_die aus einem andere nicht-deutschsprachigen Land kommt. Googelt man den Begriff „Schüler_innen mit Migrationshintergrund Österreich“ dann kommen rund 90 000 Treffer. Beginnt man sich die gefundenen Ergebnisse durchzuschauen wird klar, dass sie sich zum größten Teil damit auseinandersetzten, welche Schwierigkeiten wir in der Schule und allgemein in unserer Gesellschaft haben. Sprachbarriere, Schulbildung der Eltern und fehlende Vorbildern – das sind die drei Schlagworte, die am öftesten kommen. Die Gesellschaft hat wohl ein klares Bild von uns. Während bei uns allen die Schulausbildung unserer Eltern eine andere ist und wir nur, weil wir Migrationshintergrund haben, ja nicht gleich schlecht Deutsch sprechen müssen, einigt uns, dass wir wenig Vorbilder haben – in Österreich sind nicht-weiße Menschen in öffentlichen Ämtern und in den Medien stark unterrepräsentiert.
Wann hast du das letzte Mal eine Frau* mit Kopftuch im österreichischen Fernsehen gesehen?
Ein ganz normaler Tag
Stehen wir am Morgen auf und schauen vielleicht das Frühstücksfernsehen oder die Nachrichten, dann sehen wir vielleicht eine, oder höchstens zwei Personen, die dunklere Haut haben. Wann hast du das letzte Mal eine Frau* mit Kopftuch im österreichischen Fernsehen gesehen? Beginnt die Werbung wiederholt sich das Ganze von Neuem. Blonde Haare, blaue Augen, helle Haut. Flackert dann doch einmal eine Werbung über den Fernseher, in der Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund vorkommen, dann meistens, weil es um etwas Exotisches geht.
Am Weg zur Schule erleben wir beim Betrachten der Plakate auf der Straße – seien sie von Firmen oder Politiker_innen – ein Deja-vu, dass uns an das erwähnte Frühstücksfernsehen erinnert.
In der Schule angekommen, gehen wir am Schulflur entlang und können wahrscheinlich an einer Hand abzählen, wie viele Lehrpersonen von uns Migrationshintergrund haben und wie viele Schüler_innen. Kein Wundern sind wir – sofern wir an eine AHS gehen – nur ein Teil der 11,7% die es hier her geschafft haben. An BMHSn haben nur 9,8% aller Schüler_innen Migrationshintergrund. (Alle Daten findest du hier, Anm.) Kein Wunder also, dass, wenn es nur so wenige Schüler_innen von uns gibt, die es es überhaupt hier her schaffen, dementsprechend wenig später überhaupt beschließen, Lehrpersonen zu werden. Doch genau diese Vorbilder braucht es in Österreich so dringend für Schüler_innen mit ausländischen Wurzeln und anderer Hautfarbe.
Vorbilder schaffen
Vorbilder sind ein Ansporn, Dinge zu erreichen von denen wir nie gedacht hätten, dass wir sie jemals erreich können. Doch wenn diese Vorbilder fehlen, die uns zeigen, dass wir mehr sind als nur das Stereotyp der „ausländischen Kinder“, in das uns Rechte immer stecken wollen, dann werden wir irgendwann anfangen ihnen zu glauben. Werden uns auf der Straße beschimpfen lassen, akzeptieren, dass Leute sich im Bus von uns wegsetzten und dass wir anscheinend als „Ausländer_innen“ das Problem für alles in Österreich sind. Wir wissen wie es ist, unterrepräsentiert und ohne große Auswahl an Vorbildern zu sein, doch wir können dafür sorgen, dass das in 10-20 Jahren nicht mehr so aussieht, denn dann gibt es eine neue Generation von Schüler_innen mit Migrationshintergrund, die zu uns aufschauen und denen wir zeigen können, dass wir alle schaffen können.