Wahlkampf zwischen Mauern und geheimen E-Mails
Noch genau 89 Tage bis zur Wahl der_des 45. US-Präsident_in. Am 8. November müssen sich die US-Amerikaner_innen zwischen der Kandidatin der Demokrat_innen und Vertreterin des politischen Establishments, Hillary Clinton und dem umstritten republikanischen Quereinsteiger Donald Trump entscheiden.
Es ist einer der längsten Wahlkämpfe in der Geschichte der Vereinigten Staaten und seit der Kandidatur des Millionärs Donald Trump wohl einer der umstrittensten. Vollkommen ohne politische Erfahrung macht der Immobilien-Tycoon vor allem durch rassistische und sexistische Tweets auf sich aufmerksam, was ihm nicht nur harsche Kritik von Seiten amerikanischer Liberaler, sondern auch breite Unterstützung von Teilen der Bevölkerung bringt, die vor allem ihre „Wut“ auf die Regierung in Washington gemeinsam haben.
Doch auch die Kandidatin der Demokrat_innen, Hillary Clinton ist nicht leicht zu ignorieren. Die ehemalige First Lady muss sich auf ihrem Weg zur ersten Frau* an der Spitze der Vereinigten Staaten mit Kritik an ihrer eigenen engen Verwobenheit mit der Wirtschaft und zweifelhaften Emails aus ihrer Zeit als Verteidigungsministerin kämpfen.
Die Vorwahlen
Sowohl die Nominierung der Kandidatur der Republikaner_innen und der der Demokrat_innen waren hart umkämpft. Als einer der vielversprechendsten Präsident_innenschaftsanwärter_innen des rechten Lagers galt lange Zeit Jeb Bush, der Bruder des ehemaligen Präsidenten Georg W. Bush. Er vertritt gemäßigtere Ansichten als Trump, musste aber, nachdem er lange Zeit als Favorit gehandelt wurde, nach einer harten Niederlage in South Carolina seinen Ausstieg erklären. „Ich gewinne, gewinne, gewinne“, verkündete Trump vor dem sogenannte Super Tuesday, dem Tag mit den meisten Vorwahlen und er sollte Recht behalten, denn er gewann insgesamt sieben der zwölf Bundesstaaten und nahm damit seinen beiden anderen Mitbewerbern Marco Rubio und Ted Cruz jede Hoffnung auf die Nominierung der Republikaner_innen, auch wenn beide erst später aus dem Rennen schieden.
Ganz anders als Bush erging es Bernie Sanders, der ehemalige Senator von Vermont und Liebling der amerikanischen Linken. Mit seiner Forderung nach kostenloser College-Ausbildung und Erhöhung des Mindestlohns konnte der 74-jährige besonders die junge Generation und somit viele Vorwähler_innenstimmen für sich gewinnen. Erst als Clinton nach der letzten Vorwahl eine Mehrheit der Delegierten für sich gewinnen konnte, beendete Sanders seinen Wahlkampf und erklärte öffentlich seine Unterstützung für Hillary Clinton. „Ich werde alles tun, was ich kann, um sicherzustellen, dass sie die nächste Präsidentin der Vereinigten Staaten wird“, kündigte er bei seiner Abschlussrede an.
Die Kandidat_innen
Doch wofür stehen Clinton und Trump, die Nominierten ihrer jeweiligen Parteien, die von verschiedenen Seiten ebenso leidenschaftlich unterstütz, wie auch kritisiert und abgelehnt werden? Als der schillerndste Präsident_innenschaftskandidat dieses Wahlkampfes, wenn nicht sogar aller Zeiten, gilt Donald Trump. Der 70-järige CEO der nach ihm benannten Trump Organization, scheut sich nicht, immer wieder seinen wirtschaftlichen Erfolg als Argument vorzubringen und verspricht „Amerika wieder großartig zu machen“, indem er das Land wie ein Unternehmen führt. Dabei scheint die Tatsache, dass seine Konzerne nicht weniger als elf Mal Konkurs angemeldet haben, seine zahlreichen Unterstützer_innen nicht zu verunsichern, genauso wenig wie viele seiner populistischen Aussagen. So sprach sich Trump unter anderem dafür aus, eine Mauer an der Grenze zwischen den USA und Mexiko zu bauen, denn ihm zufolge würden mexikanische Immigrant_innen Drogen und andere Gefahren bringen: „ sie bringen Kriminalität mit sich. Sie sind Vergewaltiger. Und einige, so vermute ich, sind gute Menschen“. Egal ob er sich für ein zeitweiliges Einreiseverbot für Muslime oder dem aktuellen Präsidenten Barack Obama die amerikanische Staatsbürger_innenschaft abspricht, es scheint gerade diese rassistische Rhetorik zu sein, die ihm die Herzen der Wähler_innen der Unterschicht und der Südstaaten zufliegen lässt. Donald Trump sei jemand, der die Dinge beim Namen nennt, hört man diese oft sagen, ganz anders als das „politisch korrekte Establishment.“
Wenn es eine Person gibt, die eben dieses Establishment am besten vertritt, dann ist es wohl Hillary Clinton. Die Yale-Absolventin blickt auf eine Bilderbuchkarriere zurück, sie folgte ihrem Mann Bill Clinton in die Politik und als dieser Präsident wird, zieht sie mit ihm ins Weiße Haus, wo sie sich besonders für Frauen* und Kinderrechte engagiert. Ihre erste Kandidatur als Präsidentin 2008 scheitert, doch ihr damaliger Konkurrent Barack Obama macht sie zur amerikanischen Außenministerin. Clinton gilt als eiskalter Machtmensch, der im Notfall auch über Leichen gehen würde um ans Ziel zu gelangen. Besonders kritisiert wird sie für ihre Unterstützung des Kriegseintrittes der USA in Vietnam, der sich als eines der größten Debakel in der Gesichte der Vereinigten Staaten herausstellte. Es wird ihr auch häufig vorgeworfen, sie würde eher die Interessen der Wirtschaft vertreten, als die der Bürger_innen. So hat sie zum Beispiel innerhalb von eineinhalb Jahren mehr als 50 Reden für Banken und großen Unternehmen gehalten und viel Geld dafür bekommen.
Entscheidung im November
Eines steht fest, die Präsident_innenschaftswahl wird nicht nur für die USA, sondern für die ganze Welt richtungsweisend sein. Egal, wer letztendlich am 8. November als Sieger_in hervorgehen wird, eines ist gewiss, sie oder er wird vor großen, auch globalen Herausforderung stehen und ein neues Kapitel in der Geschichte der Vereinigten Staaten aufschlagen. Die Frage, die die US-Amerikaner_innen für sich beantworten werden, ist jene: soll es ein Kapitel werden, das Donald Trump schreibt, der versuchen wird, seinen Aussagen Taten folgen zu lassen, oder ein Kapitel, das von Hillary Clinton geprägt wird, der möglicherweise ersten Frau im höchsten Amt der USA?