Wie lange müssen wir noch warten?
Themenwoche Bildungswünsche
Eine Woche lang beschäftigt sich der Syntaxblog mit dem Thema Bildung. Welche Probleme beschäftigen Schüler_innen in der Schule? Was gehört verändert? Wo soll man ansetzen? Zu Beginn geht Max Schwarzenbacher der Frage nach, woran es denn eigentlich liegen kann, dass sich kaum etwas tut in der österreichischen Bildungspolitik.
Die 50 Minuten Unterrichtseinheit kommt aus dem Mittelalter, die Notengebung hat ihren Ursprung im preußischen Bildungssystem. Das differenzierte Schulsystem mit Gymnasium und Hauptschule wurde auch schon vor 100 Jahren kritisiert und die Forderung nach einem Pflichtfach Politische Bildung ist ebenfalls nicht neu. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, der Wille zur Veränderung im österreichischen Schulsystem ist irgendwann einmal stehengeblieben. Das wirft die Frage auf: Ist Bildung der (Parteien-)Politik egal? Und warum passiert denn so gar nichts?
Was sind eigentlich die Gründe für den ewig andauernden Stillstand in der Bildungspolitik?
Die Gründe für die fehlende Veränderung im Bildungssystem kann man schon in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts finden. Schon Otto Glöckel, erster Unterrichtsminister nach dem 1. Weltkrieg, forderte die Gesamtschule und den Rückzug der Vormachtstellung der katholischen Kirche in der Schule. Mit der damaligen Blockadehaltung der Christlichsozialen Partei beginnt eine fast 100-jährige Tradition (die sich nicht nur an der Frage der Gesamtschule aufhängt). Denn auch nach 1945 ist keine Schulreform möglich, der nicht beide Großparteien zustimmen. 1962 werden Bildungsgesetze nämlich in den Verfassungsrang gehoben, was dazu führt, dass sie mit einer 2/3 Mehrheit im Parlament beschlossen werden müssen. Damit konnten selbst in der Alleinregierung der SPÖ zwischen 1970 und 1983 keine tiefgreifenden Bildungsreformen ohne Zustimmung der ÖVP vollzogen werden.
Erst seit 2005 sind Bildungsreformen auch wieder mit einfacher Mehrheit im Nationalrat möglich, was aber trotzdem bis heute zu keiner tiefgreifenden Reform und einer modernisierten Schule geführt hat.
Die Finanzkrise und ihre Folgen
Vor allem durch die Finanzkrise 2008 gilt in der Regierung das Credo des Sparens. Überall soll eingespart werden, vor allem bei den Ausgaben staatlicher Institutionen. Trotz aller Lippenbekenntnisse, wie wichtig Bildung doch sei, fordert das Finanzministerium auch immer wieder Einsparungen bei Bildungsinstitutionen. Während es also sowieso schon in vielen Bereichen an finanziellen Mitteln fehlt, sollen weitere Einsparungen an der „Zukunft“ der Gesellschaft getroffen werden.
Die Länder wieder mal…
Hat Österreich nicht schon eines der kostspieligsten Bildungssysteme der Welt?
Diese Frage führt zu einem weiteren Konfliktpunkt, der eine fortschrittliche Bildungspolitik aufhält: Die Macht der Bundesländer. Und auch dieser Konfliktpunkt reicht weit in das 20. Jahrhundert hinein. So wird regelmäßig über eine Verwaltungsreform, nicht nur in der Bildungspolitik geredet, die aber immer wieder an der Blockade der jeweiligen Landesregierungen scheitert. Anstatt die Verwaltung der Schulen in Bundeskompetenz zu überführen, was um einiges kosteneffizienter wäre, wollen die Bundesländer ihr eigenes Einflussgebiet nicht beschneiden.
Wo man beginnen könnte
Dieser Text zeichnet nicht gerade ein optimistisches Bild für die zukünftige Bildungspolitik. Doch was können wir als Zivilgesellschaft tun, um die Schule zu einem lebenswerteren Ort zu machen?
Gerade (organisierte) Schüler_innen müssen unablässig auf Defizite im Schulsystem aufmerksam machen. Denn nur wenn der gesellschaftliche Druck groß genug ist wird sich auch politisch etwas bewegen. Nie sollte aufgehört werden, wichtige Forderungen öffentlich kundzutun, sei es durch Demonstrationen, Petitionen oder bei Schüler_innenparlamenten. Und das wichtigste ist, den Beweis zu erbringen, dass unsere Generation eben nicht politikverdrossen und unpolitisch ist, sondern vielmehr unzufrieden mit der Politik der letzten 30 Jahre.
In dieser Woche veröffentlicht der Syntaxblog jeden Tag einen Artikel von Schüler_innen, in denen sie ihre Probleme mit dem Bildungssystem beschreiben und Lösungsvorschläge formulieren.