Jugendliche - aufmüpfig und gebildet - die dem Faschismus verfallen, heutzutage undenkbar? Seit dem Experiment „Die Welle“ definitiv nicht mehr. Es fällt auf: Kritisch kann man nie genug sein.
Faschismus begleitet uns in der Schule vor allem als – spannender oder nicht spannender – Unterrichtsstoff, der in vielen Fächern einmal irgendwie behandelt wird. Ihn am eigenen Leibe zu spüren ist etwas, von dem wir hoffentlich nie betroffen werden. Sind wir überzeugt, dass uns das nie (mehr) passieren wird? Ein berühmtes Sozialexperiment sollte uns zu denken geben.
Das Experiment „die Welle“ ist uns Schüler_innen häufig als Roman geläufig. Man liest das Buch in Deutsch oder schaut eine Verfilmung davon im Unterricht. Für die meisten ebenso bekannt: Der Stoff ist echt. Früher erstaunte es alle, die mitgemacht haben. Heute erstaunt es alle, die davon erfahren.
April 1967. Der Lehrer Ron Jones unterrichtet seine Klasse an der Cubberley High School in Palo Alto, Kalifornien. Sie sprechen über den Nationalsozialismus, er fragt seine Schülerinnen und Schüler, ob sich das Verhalten der Nazis bei ihnen selbst wiederholen könne. Sie verneinen. Eine Frage, wie sie Lehrpersonen wohl auch in den Klassen hierzulande oft stellen.
Aber erst als Ron Jones die Frage nicht beantworten kann, wieso die deutsche Bevölkerung den Holocaust verdrängt oder ignoriert hat, will er dies vorzeigen.
Was dann passierte, ist bekannt. „The Third Wave“, wie sie im Original heißt, wird zu einer riesigen Bewegung von Schüler_innen, diszipliniert und geformt durch einen charismatischen 25-jährigen Lehrer, ihre Führergestalt, dem sie gehorchen. Der Druck, der Gruppenzwang, die Gewaltbereitschaft wurde nach einigen Tagen allerdings so groß, dass der Führer tat, was er tun musste: abbrechen.
Schule ist ein Teil der Gesellschaft. Dunkle Kapitel der Geschichte und der Politik drohen somit auch bis in unsere Köpfe vorzudringen. Nicht in alle, doch bereits wenige sind zu viel.
„Wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht übersteigt, erst dann wird die Welt endlich wissen, was Frieden heißt.“
Jimi Hendrix.
Europa ist gerade sehr gefährdet, zu brechen. Rechte Hetze tut ihr Bestes, um diese Bewährungsprobe der EU scheitern zu lassen. Kaum gibt es eine etwas ruhigere Zeit, eine Ebbe, kann die Flut wieder schnell zuschlagen. Lügen, Gerüchte und menschenfeindliche Rhetorik verbreiten sich schnell.
Gerade der Schule kommt hier ein beträchtlicher Bildungsauftrag zu. Anti-Faschismus ist ein immerwährender Auftrag, den es zu erfüllen gilt. Das geht nicht automatisch. Hier müssen vom SGA beginnend, bis zu den Lehrkräften und der Schüler_innenzeitung alle zusammenkommen, um Initiativen für eine Schule zu starten, in denen Werte wie Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Frieden hochgehalten und in der Schule vermittelt werden. Das ist heute wichtiger denn je.