Altes Denken im neuen Kleid
Die Neue Rechte und ihr Konzept vom Ethnopluralismus
Die Neue Rechte ist bekannt dafür, nationalsozialistisches Gedankengut in ein modernes und bürgerliches Äußeres zu verpacken, diesem einen schönen, neuen Namen zu verpassen und auf diese Art breitenwirksam zu machen. Was steckt nun aber hinter dem Wort "Ethnopluralismus"? Denn eigentlich klingt doch Völkervielfalt (lat.ethnos=Volk; pluralis=Mehrzahl) eh ganz schön, vor allem weil Vielfalt doch super ist, oder?
Aber langsam und von vorne bitte! Was ist die Neue Rechte?
Die Neue Rechte ist keine neue Organisation wie Pegida sondern ein Netzwerk aus Organisationen, aber auch Burschenschaften. Meist werden sie als „aus der Mitte der Gesellschaft kommend“ bezeichnet – die „Mitte der Gesellschaft“ meint hier brave, bürgerliche und nichtmobilisierte Personen mittleren Wohlstandes oder, wie sie auch oft beschrieben werden, „die besorgten Bürger“.
Das Netzwerk der Neuen Rechten erstreckt sich über ganz Europa und findet große Ausleger in Frankreich, Italien, Deutschland und Österreich. Organisationen, die als neurechts zu bezeichnen sind, sind zum Beispiel „Die Identitären“, „CasaPound“, „HoGeSa“ oder „Pegida“. Aber auch Parteien wie die FPÖ oder die AfD kann man, wider ihren metapolitischen, also nicht partei- oder tagespolitischen, Aktionsmustern, als neurechts bezeichnen.
Angefangen hat die Arbeit der Neuen Rechten mit der Erforschung der Niederlage des Rechtspopulismus in Europa durch die Forschungsgruppe „Groupement de recherche et d’études pour la civilisation européenne“ in Frankreich. Diese Gruppe von rechtsextremen Theoretikern (z.B. Dominique Venner und Alain de Benoist) begann mit der Zeit mit der Begründung neuer rechtsextremer Ideologien, welche für die gesamte rechtsextreme Bewegung in Europa maßgebend wurde.
Heute agiert die Neue Rechte vor allem mit publizistischer Arbeit. Aber auch vorwiegend von linken Gruppierungen angewandte Aktionismusformen werden gerne angewandt, – vorallem von der Jugendbewegung „Die Identitären“ und Ablegern der italienischen CasaPound.
Und was ist Ethnopluralismus?
Ethnopluralismus soll so etwas sein wie eine modernisierte Form des Rassismus, eine Form des Rassismus der sich wegbewegt von alten, oft biologistischen Argumentationsmustern und hin zu Argumenten mit soziokulturellen Bezügen. Ethnopluralist_innen sagen also nicht mehr, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, etc. schlechter oder besser sind. Vielmehr behaupten sie, dass unsere Lebensarten und Kulturen von Grund auf verschieden sind und zum Schutz voreinander getrennt werden müssen. Die Neue Rechte meint, dass der Ursprung eines jeden Konfliktes, der je stattgefunden hat oder stattfinden wird, in der Vermischung verschiedener Kulturen liegt. Kulturen sind in den Augen der Neuen Rechten homogen und statisch. Das heißt: alle sind gleich und nichts verändert sich.
Mit dieser Aussage ignorieren sie unsere Geschichtsschreibung. Seit dem Beginn der Menschheit wandern Menschen und durch das Wandern entstehen neue Kulturen. Kulturen, die Hochkulturen hervorgebracht haben, Kulturen auf dessen Grundsteine unsere heutige Gesellschaft basiert. Diese Tatsachen werden von der Neuen Rechten ignoriert.
In der Ideologie der Neuen Rechten haben alle Menschen, die der selben gedachten Kultur angehören, die selben Ziele und Vorstellungen. Da diese Kultur innerhalb ihres „Blocks“ durch eine gedachte Abstammungslinie weitergegeben wird und somit auch ethnisch definiert ist, wird der Begriff „Kultur“ zum Synonym des alten Rassebegriffs.
Wie macht die Neue Rechte diesen modernen Rassismus salonfähig?
Man kann sagen, dass Kulturen, in der Ideologie der Neuen Rechten zwar prinzipiell gleichwertig, jedoch nicht gleichartig sind. Diese Argumentation findet auch in ihrer Vorstellung von Rollen- und Geschlechterbildern Anwendung. Und genau diese Aussage macht den Ethnopluralismus so salonfähig. Die Neue Rechte nimmt also keine Wertung von Kulturen vor und grenzt sich somit von der Alten Rechten mit ihrer „Herrenrassenideologie“ ab. Das kommt in der breiten Masse viel besser an, die Kernaussage ist aber immer die selbe. Man will sich von anderen Kulturen abschotten, das Abendland schützen, die Islamisierung aufhalten, die Werte hochhalten. Diese Aussagen kennen wir nur zu gut. Immer mehr Menschen verfallen der Idee des Ethnopluralismus und sagen dann, sie seien keine Rassist_innen. Doch das sind sie! Zwar nicht so, wie wir sie kennen oder wie wir sie uns vorstellen, aber das ist ihr neues Gewand: Krawatte, Hemd, Anzug oder ein hübsches Kleidchen. Richtig bürgerlich eben.
Ihr vermeintlich solidarischer Kurs mit Migrant_innen
Eine andere Erfindung der Neuen Rechten ist es auch, Migrant_innen helfen zu wollen in ihr Herkunftsland zurückzukehren. Das kommt bei vielen nicht nur so an als würden sie nicht rechts sein (eine Taktik der Neuen Rechten ist es, sich selbst als „weder links, noch rechts“ zu bezeichnen), sondern hilft ihnen auch ihre schöne Heimat geschützt zu wissen. Migrant_innen seien nämlich entwurzelt und würden sich nichts sehnlicher wünschen als wieder in ihre Heimat und zu ihrer Kultur zurückzukehren. Es geht ihnen also darum, Migration zu verhindern und die Aufnahme von Flüchtlingen zu stoppen.