2. Februar 2017
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Keine Toleranz der Intoleranz!

Durch die steigende Anzahl von Schutzsuchenden und damit verbundenen (neuen) Situationen in einigen Staaten, vermehren sich Äußerungen, die teilweise auf Ahnungslosigkeit oder rassistischen Vorurteilen basieren. Scheinbar harmlos gemeinte Äußerungen schaffen den Nährboden für rechtes, rassistisches Gedankengut und machen Diskriminierung salonfähig. 
Wie erkenne ich auf Stereotype reduzierte Sprache, rechtspopulistische Rhetorik und Botschaften? Lässt sich nachhaltig etwas ändern?

Innerhalb von wenigen Sekunden während eines Gespräches fällt die Entscheidung: entweder durchatmen, lächeln, runterschlucken oder Blickkontakt halten, bestimmt und überzeugt entgegnen, dass die Äußerung rassistisch sei. Jede Person hat ein Recht auf Meinungsfreiheit, jedoch sind rassistische, diskriminierende Aussagen keine berechtigte Meinung, sondern einfach falsch und diskriminierend. Es ist ohne Frage berechtigt, besorgt um die (eigene) Zukunft zu sein, es schließt sich jedoch nicht aus, ein Urteil unabhängig von Herkunft, Erstsprache und Aussehen zu fällen. Die Gesellschaft wird sich nicht ändern, sondern weiter reaktionär und nicht progressiv handeln mittels längst entkräfteter Vorurteile, so lange Politiker_innen weiter regelmäßig ihre (Vorbild-)Funktion ausnützen und rassistisches Gedankengut in „harmlose“ Vorurteile verpacken.

Die Realität sieht nämlich so aus, dass Politiker_innen des rechten Spektrums Diskussionen unterbrechen, indem Kontrahent_innen persönlich angegriffen oder durch Gegenfragen und Vorwürfe der Fehlinformation irritiert werden. Unangenehmen Fragen wird ausgewichen oder der Inhalt relativiert. Als Paradebeispiel gilt das Thema „rechte Gewalt“, es wird verwiesen und dabei abgelenkt auf Gewalt im Allgemeinen oder auf Gewalttaten von Linken und Menschen mit Migrationshintergrund. Tatsächlich erhöhen sich primär Handlungen mit rechtsextremer, rassistischer, islamophober und antisemitischer Absicht und erreichten 2016 einen absoluten Höchststand mit einer Steigerung von 40%. Im Gegensatz dazu haben linksextrem motivierte Handlungen eine rückläufige Tendenz von rund 50%.

Eine Politik der Angst wird Seitens Rechter betrieben und dabei auch gerne mal mit erfundenen Wortkonstruktionen umhergeworfen: „Willkommensklatscher“, „Gastarbeiterflut“, „Bildungsbürgertum“. Moderne Rechte geben sich als Verfechter_innen der Republik und bedienen sich dabei scheinbar angemessener Worthülsen. „Das wird man doch noch sagen dürfen, wir stehen für den einfachen Mann. Eine linke Meinungsmafia ist das!“, sind die gängigsten Konter. Dass Sprache Bewusstsein schafft und eine Gesellschaft formt, ist nicht neu, und diese Tatsache nutzt die Rechte schamlos aus, wenn sie Wähler_innen mit angriffslustiger und rassistischer Sprache manipuliert. Der Rechtsruck in der Sprache ist zwar nicht Haupt-, aber auf jeden Fall Mitursache für den derzeitigen massiven Anstieg von Alltagsrassismus.

Die Bezeichnung „Rassist“ versucht man durch eine „Täter-Opfer-Umkehr“ zu beschwichtigen. Man sehe sich ungerechtfertigt verfolgt oder Vorwürfen ausgesetzt und Äußerungen würden falsch verstanden werden. Letzteres zielt ab auf die sogenannte kalkulierte Ambivalenz:  Ein Ansprechen verschiedener Zielgruppen mit bewusst undeutlichen und nicht klar abgregrenzten Behauptungen.
Asylwerber_innen sowie Österreicher_innen mit Migrationshintergrund sind von dieser rassistischen Rhetorik betroffen, die sich im Alltag widerspiegelt. Direkt und indirekt durch Medien, deinem_deiner Arbeitgeber_in, deinen Lehrpersonen, deinen Freund_innen.

Sich hinter Parolen zu verstecken und Missstände auf andere zu projizieren ist leicht. Unrecht von Recht zu unterscheiden auch? Handelt ein Mensch mutig mit Verstand, Altruismus und Nächstenliebe wird eine multikulturelle Welt nicht scheitern, sondern verbinden. Wir erinnern uns an Kurt Tucholchskys Worte: „Denn nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich im offenen Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!“

Wir sehen nichts. Wir hören nichts. Ab wann sagen wir was? Foto: aks
Wir sehen nichts. Wir hören nichts. Ab wann sagen wir was?