„Wir werden nicht gefragt, was wir brauchen“
Vorarlbergs AHS-Landesschulsprecherin Mimi Hu spricht mit der Syntax über die Bildungsreformkommission, ihre Erwartungen daran und Beteiligungsmöglichkeiten von Schüler_innen
Syntax: Mimi, in knapp einem Monat wird eine neue Bildungsreform präsentiert. Als Landesschulsprecherin bist du damit natürlich konfrontiert. Aber wird bei euch in der Klasse über diese anstehende Bildungsreform diskutiert?
Mimi Hu: Als ich das erste Mal die kommende Bildungsreform in meiner Klasse angesprochen habe, wusste leider keine einzige Person wovon ich spreche. Was die Bildungsreform ist und wer sie macht war schnell erklärt, ihr Inhalt bleibt jedoch nach wie vor offen.
Syntax: Was glaubst du sind die Gründe dafür, dass das Thema kein Interesse auf sich zieht?
Mimi Hu: Die Gründe sind ganz klar: Wie immer werden wir Schüler_innen in wichtige Bildungsdebatten nicht miteinbezogen. Wir werden nicht gefragt, was wir brauchen. Wir werden nicht gefragt, wo Verbesserungsbedarf benötigt wird. Man gibt uns ganz einfach keine Stimme.
Syntax: Die Aktion Kritischer Schüler_innen hat am Samstag eine Petition gestartet, in der – mit Blick auf die Bildungsreformkommission – mehr Mitbestimmung für Schüler_innen gefordert wird. Unter anderem wird auch gefordert, dass Schüler_innen in der Reformkommission sitzen und mitentscheiden. Aber was könnten Schüler_innen in die Reformkommission einbringen?
Mimi Hu: Frischen Wind. Die realen Forderungen und Bedürfnisse der Schüler_innen. Was wir brauchen und was wir wollen. Zudem natürlich eine demokratischere Schulpolitik einfordern. Die, die wirklich in der Schule sitzen, und da sind Schüler_innen und Lehrpersonen gemeint, dürfen im Endeffekt kein Wörtchen mitreden, so unsinnig wie das klingt.
Syntax: Welche Formen der Mitbestimmung wünscht du dir für unser Schulsystem?
Mimi Hu: Ich bin sehr glücklich darüber, dass es in Österreich eine gesetzlich verankerte Schüler_innenvertretung gibt und gleichzeitig so enttäusch, wie wenige Schüler_innen davon Gebrauch machen können. Diese Vertretung würde auch schlussendlich, wenn sie mitbestimmen könnte, nicht die Stimmen aller 1,1 Millionen Schüler_innen vertreten, da die Bundesschülervertretung über drei Ecken indirekt gewählt wird. Durch eine Direktwahl der LSV und BSV könnte man allen eine Stimme geben.
Syntax: Aber abgesehen davon: wie kann Mitbestimmung in den einzelnen Schulen selbst mehr gelebt werden?
Mimi Hu: Man sollte anfangen den jungen Menschen beizubringen, was Partizipation und Demokratie bedeutet und wie wichtig das ist. Nur mit politischer Bildung schafft man effektiv Bewusstsein für solch wichtige Themen und erreicht damit auch sehr viele.
Es sollten auch mehr direkte Befragungen an jede Schule ausgesendet werden, die am Schluss wie ein Feedback vom Ministerium ausgewertet und auch ernstgenommen werden sollten.
Eine SV muss im SGA gleich ernstgenommen werden wie die anderen Mitglieder und auch sie müssen ihre Chance bekommen, Projekte und Ideen umsetzen zu können.
Syntax: Was können Schüler_innen konkret tun, um ihre Situation zu verbessern?
Mimi Hu: Selbst aktiv werden. Es ist sehr wichtig auf den eigenen Forderungen zu beharren, hartnäckig zu bleiben und weiter zu kämpfen, aber wenn man zusätzlich Aktionen macht, die Klasse zu einer Informationsveranstaltung mobilisiert, Petitionen ausschreibt, weiterverbreitet und einfach wichtige Themen auch im Unterricht anspricht, unterstreicht man die eigene Willensstärke und beweist auch nach außen hin: Ich gebe nicht auf!
Syntax: Wenn du eine Entscheidung als Bildungsministerin treffen könntest, was wäre das?
Mimi Hu: Jetzt im Moment die Bildungsreform zu einer öffentlichen Debatte machen, Expert_innen, Lehrpersonen, Schüler_innen zu den Verhandlungen hinzuziehen und auf keinen Fall wie bei der Zentralmatura voreilige Schlüsse fassen und andere Menschen vor den Kopf stoßen.